Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Elvis lebt Meilensteine der Musikgeschichte
Meilensteinen der Musikgeschichte auf der Spur
Vor Elvis kam nichts“soll John Lennon über Elvis Presley gesagt haben. Das ist zum einen natürlich ziemlich ungerecht gegenüber frühen Rock ’n’ Rollern wie Bill Haley und all den schwarzen Blues- und Gospelmusikern, die den „King“beeinflusst hatten. Zum anderen bringt das Zitat den Einfluss von Presley aber auch voll auf den Punkt: Für viele war sein Auftauchen in den 1950erJahren so etwas wie der Urknall des Rock ’n’ Roll. Die Musik, der Hüftschwung, das Comeback, das tragische Ende haben sich zu einer Legende vermischt, die eine ungebrochene Faszination ausübt. Vor
41 Jahren starb Elvis (angeblich, wie Verschwörungstheoretiker beharren), ist aber heute musikalisch so lebendig wie eh und je. So werden seine Hits konstant von aktuellen Musikern neu interpretiert – zuletzt packte etwa der mit der Band One Direction bekannt gewordene Zayn Malik den 1961er-Hit „Can’t Help Falling in Love“in ein neues Gewand.
Neuinterpretationen in Gospel-Form
Es erscheinen aber auch regelmäßig neue Platten des King, die nächste ist für den 10. August angekündigt, widmet sich dem Gospel-Genre und heißt „Where No One Stands Alone“. Dazu haben alte Weggefährten neue Musik eingespielt, und im Titelstück singt Lisa Marie Presley gemeinsam mit ihrem verstorbenen Vater. Nicht das erste nachträgliche Duett – vor zwei Jahren enthielt das Album „The Wonder Of You“Elvis-Songs mit neuen Arrangements des Royal Philharmonic Orchestra, und bei „Just Pretend“war niemand anderes als Helene Fischer zusammen mit dem „King“zu hören.
Für Elvis-Witwe Priscilla, die den Sänger 1959 während seiner Stationierung als Soldat im hessischen Friedberg kennengelernt hatte, war das eine nur logische Entscheidung, schließlich sei ihr Mann musikalisch in alle Richtungen offen gewesen. Diese Offenheit erklärt sicher auch die Dauer und Bandbreite des Erfolgs, denn mit seiner Musik sprach Elvis ein denkbar vielfältiges Publikum an. Das überschritt von Beginn an nicht nur Generationen-, sondern auch Rassengrenzen. Tatsächlich hielten ihn viele Radiohörer zunächst selber für einen Schwarzen. Bis heute ist der Vorwurf zu hören, Elvis habe schwarze Musik „gestohlen“und einem weißen Publikum verkauft. „Reet Petite“-Sänger Jackie Wilson hielt dem entgegen, dass so
ziemlich jeder schwarze Solokünstler die Bühnenshow von Elvis kopiert habe. Dies traf auf alle Fälle auf Michael Jackson zu, der mit seiner Verehrung so weit ging, dass er gleich noch Elvis-Tochter Lisa Marie heiratete.
„Elvis lebt“– das trifft bis heute zu. Die Zählweisen sind etwas umstritten, aber gut eine Milliarde Tonträger soll der „King“verkauft haben, Tendenz ungebrochen steigend. Fans erwerben jede Neuerscheinung und pilgern zum „Graceland“-Anwesen in Memphis, Tennessee.
Grundstein für Unplugged-Serie
Seine durchaus unterhaltsamen Filme wie „Viva Las Vegas“laufen nach wie vor im Fernsehen, und derzeit ist der Sänger auch wieder auf ausgewählten Kinoleinwänden zu sehen: mit seinem „’68 Comeback Special“. Das diente übrigens als Inspiration für die bis heute populäre MTV-Unplugged-Serie. So stand der King vielleicht nicht am Anfang von allem – aber doch von erstaunlich vielem in der Rockmusik. Welchen Beitrag zum Popzirkus haben die Rolling Stones geleistet? Wie haben die Beatles die Musikgeschichte verändert? Welchen Einfluss hatte Whitney Houston? Womit zieht Bob Dylan seine Fans in den Bann? Hat Bruce Springsteen politische Veränderungen bewirkt? Welche Bedeutung kommt Tina Turner zu? In unserer Serie wollen wir in loser Folge und in unregelmäßigen Abständen von Meilensteinen der Musikgeschichte erzählen.
Nichts hat mich je wirklich bewegt, bevor ich Elvis gehört habe. Ohne Elvis hätte es die Beatles nicht gegeben. Sänger John Lennon über Elvis Presley