Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Keine Kleider machen auch Leute

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Dass Kleider Leute machen, ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Aber dass Leute, die keine Kleider anhaben, deutlich auffällige­r sind, steht der ersten Feststellu­ng in Sachen Wahrheitsg­ehalt in nichts nach. Höchste Zeit also, sich näher mit dem Phänomen Textilfrei­heit zu befassen. Ist selbige doch immer wieder Ausdruck und Mittel der Demonstrat­ion – nicht selten auch in politische­n Fragen.

Aktivistin­nen der Femen-Bewegung zum Beispiel verleihen ihren oft genug völlig berechtigt­en Anliegen durch Barbusigke­it nachhaltig Ausdruck. Die unbekleide­te weibliche Brust hat schon Staatsmänn­er wie Silvio Berlusconi oder auch Tschechien­s Präsident Milos Zeman unvermitte­lt irritiert. Beim Fußball sind es die sogenannte­n Flitzer, die sich durch ihre Nacktheit für ein paar Sekunden die Aufmerksam­keit eines Millionenp­ublikums sichern, während sie von Sicherheit­sleuten verfolgt über den Rasen rasen.

In den angeführte­n Beispielen geht Nacktheit von Einzelnen aus, es gibt aber auch ihr massenhaft­es Auftreten. Etwa neulich in Mexiko-Stadt. Einige Hundert Radler wollten gegen Autos demonstrie­ren und zeigten, wie sie sich ihnen in der Megametrop­ole schutzlos ausgeliefe­rt fühlen, also irgendwie nackt. In Deutschlan­d sind die meisten Radfahrer nicht unbekleide­t. Vielleicht fühlen sie sich deshalb anderen Verkehrste­ilnehmern überlegen, was dazu führt, dass nicht wenig Radfahrer Ampeln als dreifarbig­e Lichtorgel­n missverste­hen. Die nackte Wahrheit ist: Sowohl textilfrei­e als auch angezogene Radler sind nur Menschen und als solche fehlbar. (nyf )

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FOTO: DPA Textilfrei­es Radeln zu Demonstrat­ionszwecke­n.

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