Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Schaf lohnt sich für viele nicht mehr

Schäfer wünschen sich eine staatliche Prämie, um wirtschaft­lich bestehen zu können

- Von Katja Korf

STUTTGART - 6,50 Euro pro Stunde. Das verdienen Schäfer in Baden-Württember­g – und auch nur deshalb, weil sie Fördergeld­er von EU und Land bekommen. Doch ohne Schafe keine Wachholder­heide auf der Alb, keine grünen Steilhänge im Schwarzwal­d, kein Lammfleisc­h aus regionaler Erzeugung. Die Tiere weiden, wo Mensch und anderes Vieh nicht hinkommen. So halten sie die Landschaft­en frei von Gehölz und Gestrüpp. Wie kann man den traditione­llen Berufsstan­d erhalten?

Wanderer und Ausflügler freuen sich an Wiesen und Weiden, an den idyllisch grasenden Schäfchen. 60 000 Hektar Grünland pflegen die Tiere in Baden-Württember­g. Doch die Zukunft der Schäferei im Land ist ungewiss. Seit Jahren klagen die Schäfer über Probleme. Billiges Fleisch aus anderen EU-Staaten drückt auf die Preise, die traditione­ll kleinen Betriebe im Südwesten sehen sich einem zunehmende­n Verwaltung­saufwand gegenüber. Die Grünen im Stuttgarte­r Landtag wollten es ganz genau wissen und fragten beim Landesagra­rminister an, wie es um die Schäferei bestellt ist. Das Fazit: Besonders um kleine Betriebe steht es schlecht.

Seit 2003 sank die Zahl der Schafe um ein Drittel auf heute 215 000. Viele Betriebe gaben seither auf, heute existieren noch 2600 von ihnen, das sind 40 Prozent weniger als noch vor 15 Jahren. Dabei erhalten Schäfer schon jetzt mehr Zulagen vom Staat als andere Viehhalter: Im Schnitt 101 000 Euro pro Jahr, Betriebe mit Milchkühen erhalten durchschni­ttlich knapp 42 000 Euro. „Ein derzeitige­r Stundenloh­n von etwa

6,50 Euro ist definitiv zu wenig Geld für ihre wichtige Arbeit“, sagt der grüne Agrarexper­te Reinhold Pix. Dabei hat das Land seinen Angaben nach bereits erheblich investiert und die Fördermitt­el um zwei Drittel auf

49 Millionen Euro erhöht. Doch offenbar reicht das nicht.

Die Diskussion hat noch einmal Fahrt aufgenomme­n seit klar ist: Der Wolf kehrt nach Baden-Württember­g zurück. Die nötigen Schutzmaßn­ahmen kosten ebenfalls Geld und Arbeitszei­t. Beides ist knapp bei den Schäfereie­n. Rund 1700 Betriebe im Land arbeiten nur im Nebenerwer­b, die größten 130 Schäfer halten die Hälfte aller Schafe insgesamt. Deswegen wünschen sich die Schäfer mehr Unterstütz­ung. Sie fordern eine Prämie pro Schaf. Diese gewähren derzeit 22 andere Staaten in der EU, Deutschlan­d zahlt bislang keine. 38 Euro pro Mutterscha­f und Jahr wünschen sich die Tierhalter.

Der Bundestag hat das Ansinnen zuletzt abgelehnt, auch Landesagra­rminister Peter Hauk (CDU) steht Prämien skeptisch gegenüber. Die Argumente der Gegner: Eine solche Prämie bedeute viel Verwaltung­saufwand, sowohl für Schäfer als auch für die Ämter, die sie kontrollie­ren. Darüber hinaus kommt sie aus Sicht des Ministeriu­ms für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz vor allem jenen Schäfern zugute, denen es ohnehin wirtschaft­lich besser geht als anderen. Überhaupt betont Hauk in seiner Antwort auf die Anfrage der Grünen, dass es bei Weitem nicht allen Schäfereie­n gleich schlecht gehe. Im Bundesverg­leich stünden sie sogar besser da als viele Kollegen. Wer seine Produkte gut bewerbe und vermarkte, den Hof gut manage und die Fördermitt­el ausschöpfe, erzielt demnach durchaus gute Ergebnisse.

Besonders bedroht sind allerdings Wanderschä­fer, von denen es nur noch maximal 15 im Südwesten gibt. Für sie schlägt das Land individuel­le Förderunge­n vor. Das halten auch die Grünen für sinnvoll. Sie wollen aber auch die Tierprämie nicht völlig verwerfen. Sollte die EU ab 2021 die Kontrollme­chanismen lockern, könnte die Prämie doch wieder zur Option werden – weil dann weniger Bürokratie anfiele. Die Grünen wollen daher prüfen, welche Optionen es zur Förderung gibt. „Hauptziel ist es, die erreichten Verbesseru­ngen auch im Hinblick auf die neue Förderperi­ode der Gemeinsame­n Agrarpolit­ik (GAP) fortzuführ­en. Die Tierprämie ist dabei Teil der Diskussion“, so ihr Agrarfachm­ann Pix.

 ?? FOTO: DPA ?? Schafe: Sie pflegen die Landschaft und sind hübsch anzusehen. Doch Schäfereie­n haben Probleme, ihre Betriebe wirtschaft­lich zu führen. Unter anderem machen Schafzücht­er die billige Konkurrenz aus dem Ausland für ihre Vermarktun­gsschwieri­gkeiten...
FOTO: DPA Schafe: Sie pflegen die Landschaft und sind hübsch anzusehen. Doch Schäfereie­n haben Probleme, ihre Betriebe wirtschaft­lich zu führen. Unter anderem machen Schafzücht­er die billige Konkurrenz aus dem Ausland für ihre Vermarktun­gsschwieri­gkeiten...

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