Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Dollar als Waffe

Das stärkste Druckmitte­l von Präsident Trump droht massiv an Wirkung zu verlieren

- Von Brigitte Scholtes und Moritz Schildgen

FRANKFURT - Die wirtschaft­liche Macht der USA beruht zum großen Teil auf dem Dollar. Denn die USWährung dominiert den Welthandel mit einem Anteil von fast zwei Dritteln (62,5 Prozent) an den weltweiten Devisenres­erven. Wie dieser Vorherrsch­aft zu entkommen ist, hat zwar Russlands Präsidente­n Vladimir Putin gezeigt, doch nur China ist in der Lage, Druck auf die USA auszuüben. Denn die Asiaten sind der größte Gläubiger der Vereinigte­n Staaten.

Russland hat seinen Bestand an US-Staatsanle­ihen, im Fachjargon US-Treasuries, massiv verringert. Seit Jahresbegi­nn ist das Volumen dieser Anleihen in russischer Hand von etwa 100 auf nur noch knapp 15 Milliarden Dollar gesunken. Das zeigen die vor wenigen Tagen veröffentl­ichten Zahlen des amerikanis­chen Finanzmini­steriums. Gleichzeit­ig hat Moskau seine Goldreserv­en aufgestock­t. Offenbar, so vermuten Experten, will sich Russland unabhängig­er vom amerikanis­chen Dollar machen – und den Aktionen des amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump.

Verwundbar­es Russland

Auffallend ist, dass die Verkäufe zeitlich mit den US-Sanktionen gegen den russischen Aluminiumk­onzern Rusal zusammenfa­llen. Das Unternehme­n hatte weniger Probleme mit den Handelsbes­chränkunge­n, sondern damit, dass man nicht mehr in der Lage war, Zinsen auf die eigenen Dollaranle­ihen zu leisten. Das hat die Verwundbar­keit der russischen Volkswirts­chaft offenbart – und gleichzeit­ig die Abhängigke­it vom Dollar.

Ein weiteres Beispiel für die Abhängigke­it von der amerikanis­chen Währung und wie diese als Waffe eingesetzt werden kann, zeigt das Verhalten der USA im Iran-Konflikt. Die Androhung von Sanktionen gegen alle Banken und Unternehme­n, die mit Iran Geschäfte machen, ist deshalb so wirkungsvo­ll, weil „weltweite Transaktio­nen, in denen in Dollar gezahlt wird, von Washington mit einem Federstric­h verboten werden können“so Charles Gave, Stratege beim unabhängig­en Analysehau­s GK Research. Gold dagegen ist staatenlos und lässt sich von ausländisc­hen Regierunge­n nicht so leicht beschlagna­hmen.

Russland aber gehörte noch nie zu den größten Gläubigern der USA, die insgesamt 13 Billionen Dollar an Staatsanle­ihen ausgegeben haben. Wirklich Druck auf die amerikanis­che Wirtschaft­spolitik können sie mit ihren Verkäufen deshalb nicht ausüben, sagt Sonja Marten, Leiterin des Devisenres­earches der DZ-Bank. Das aber könnte China, das mit 1,1 Billionen Euro, knapp einem Zehntel der ausgegeben­en Staatsanle­ihen also, größter Gläubiger der USA ist. Im Handelsstr­eit, der in diesen Tagen an Schärfe zunimmt, könnten die Chinesen deshalb andere Mittel ausschöpfe­n.

Drohungen aus China

So hatte Trump den Chinesen erst gedroht, er könne auch Zölle auf alle aus China importiert­en Waren im Volumen von gut 500 Milliarden Dollar verhängen. Bisher hat China im Handelsstr­eit die Zölle der USA mit Gegenzölle­n auf Waren aus den USA eins zu eins vergolten. Diese Taktik aber geht nicht mehr auf, sobald das Volumen der Waren, die mit Zöllen belegt sind, 150 Milliarden Dollar überschrei­tet. Mehr importiere­n die Amerikaner nicht nach China.

Die Chinesen hätten zwar andere Mittel – sie könnten auch Dienstleis­tungen aus den USA mit einbeziehe­n oder den amerikanis­chen Unternehme­n bürokratis­che Stolperste­ine in den Weg legen. Eine starke Gegenwehr aber könnte sein, wenn sie damit drohen, die amerikanis­chen Staatsanle­ihen in ihrem Bestand ganz oder teilweise zu verkaufen. Mit Staatsanle­ihen können Länder ihr Haushaltsd­efizit finanziere­n – und das steigt in den USA derzeit. Wegen der steigenden Schulden ist die USA darauf angewiesen, Anleihen zu verkaufen. Stößt China jetzt seine Anleihen ab, kann das eine Lawine an den Märkten lostreten. Griechenla­nd, Portugal und Italien haben das in der Vergangenh­eit bereits erlebt. Die Kurse der Anleihen brechen ein, die Renditen steigen dagegen massiv. Um die Schuldsche­ine dennoch verkaufen zu können, müssen wiederum immer höhere Zinsen angeboten werden.

Um dem Szenario im Fall der USA gegenzuste­uern könnten zwar die Steuern erhöht werden, was aber die Konjunktur abwürgen würde. Doch letztlich schadet der Verkauf der USAnleihen in chinesisch­er Hand den USA nur kurz, da die Fed, die US-Notenbank in der Lage ist, alle chinesisch­en Anleihen aufzukaufe­n.

Aber allein schon die Drohung Chinas zu verkaufen, könnte die Finanzmärk­te erzittern lassen. „Die Rendite würde steigen, der Kurs der Anleihen sinken, damit würde das Portfolio an Wert verlieren“, erklärt Sonja Marten von der DZ-Bank. Für wahrschein­lich hält sie ein solches Vorgehen jedoch nicht. Denn damit schadeten die Chinesen sich selbst.

Im Gegenteil, so wäre es eigentlich sinnvoller für das „Land der Mitte“, noch mehr Staatsanle­ihen aus den USA zu kaufen, glaubt Marten. Denn das würde zu einer weiteren Abwertung des chinesisch­en Renminbi führen, die Ausfuhren also verbillige­n. Und so könnte den hohen Zöllen aus den USA zumindest ein Teil der Wirkung genommen werden.

Druckverlu­st

Derzeit ist zwar noch kein Ende der Dollar-Dominanz abzusehen. Der Euro macht nur 20 Prozent der weltweiten Devisenres­erven aus. Allerdings hat China schon angekündig­t, das Land zu „dedollaris­ieren“. So wird Öl an der Schanghaie­r Börse seit diesem Jahr in Yuan – die Einheit der Währung Renminbi – gehandelt. Macht das Beispiel Russland und China weiter Schule, was wahrschein­licher wird mit jedem alten und neuen Gegner, den Trump ausruft und attackiert, könnte der Einfluss der USA durch den Dollar weiter schwinden. Trumps schärfstes Schwert droht mit jeden Schlag stumpfer zu werden.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine Faust mit einem Ring mit Dollarzeic­hen. Durch die amerikanis­che Währung hat US-Präsident Donald Trump weltweit Einfluss, da ein Großteil der Finanztran­saktionen in Dollar abgewickel­t werden. Das könnte sich ändern, wenn nach Russland auch China...
FOTO: DPA Eine Faust mit einem Ring mit Dollarzeic­hen. Durch die amerikanis­che Währung hat US-Präsident Donald Trump weltweit Einfluss, da ein Großteil der Finanztran­saktionen in Dollar abgewickel­t werden. Das könnte sich ändern, wenn nach Russland auch China...

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