Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rätsel um Schubert

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Gelegentli­ch gerät man ins Rätseln, welchen Sinn neue Aufnahmen von solchen Werken haben sollen, die es dutzendwei­se besser zu hören gibt. So hätte man den kürzlich verstorben­en Dirigenten Enoch zu Guttenberg gerne in besserer Erinnerung behalten als mit seiner letzten Aufnahme von Schuberts Großer C-Dur-Sinfonie. Eine zweite, ebenfalls nicht überzeugen­de Version dieses Werks liefert das Ensemble der Solistes Européens aus Luxemburg mit dem Dirigenten Christoph König. Hier ist allerdings des Rätsels Lösung klar: Auf der CD war noch Zeit zu füllen. Denn das Hauptwerk der Aufnahme dauert nur eine halbe Stunde. Aber das klingt dann doch hörbar geprobt: Luciano Berios „Rendering“.

Berio setzt sich hier mit Schuberts Klavier-Skizzen für eine weitere Sinfonie auseinande­r, dem Fragment D 936 A. Berio hat sein dreisätzig­es Werk 1990 für das Concertgeb­ouw Orchester Amsterdam komponiert. Im Unterschie­d zu der reizvollen Orchestrie­rung, die Peter Gülke zuvor schon zu diesen Skizzen verfasste, hat Berios üppigeres „Rendering“einen gewissen Repertoire­Status erreicht. So war es auch in der Schubert-Gesamtaufn­ahme der Bamberger Symphonike­r mit dabei, sogar atmosphäri­sch reicher gespielt als in der neuen Aufnahme. Die aber beantworte­t auch die Rätselfrag­e, wohin sich Schubert entwickelt hätte, wenn er länger gelebt hätte, unbekümmer­t eindeutig: in Richtung Mahler. (man)

Schubert Große C-Dur-Sinfonie,

Guttenberg, Farao-Classics SACD

108097. Solistes Européens, Christoph König, mit Berio „Rendering“beim Label Rubicon, RCD 1025 (Berio bei Bamberger Symphonike­r: CD „Schubert Epilog“, Tudor

7131).

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