Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Jetzt ist Grindel am Zug

- ●» Von Filippo Cataldo f.cataldo@schwaebisc­he.de

Schade, dass Mesut Özil – und seine Social-MediaAgent­ur – in ihrer Erklärungs-Trilogie kaum Platz für Selbstrefl­exion und gar keinen Raum für Selbstkrit­ik gefunden haben. Die Erdoganfot­os waren unerträgli­ch dämlich und bleiben es. Dass Özil versucht, die Fotos zu entpolitis­ieren und sich gleichzeit­ig mit der Queen und der englischen Premiermin­isterin Theresa May vergleicht, die Erdogan auch getroffen hätten, zeugt von einer ähnlichen Doppelmora­l, die Özil – zu Recht – bei Teilen des DFB, der Sponsoren, Gesellscha­ft und auch der Medien anprangert.

Dass aber ein deutscher Nationalsp­ieler mit Wurzeln, die auch in einem anderen Land liegen, aus der Nationalma­nnschaft zurücktrit­t, weil er sich nicht mehr willkommen fühlt und den – beileibe nicht eingebilde­ten – Rassismus gegen sich nicht mehr ertragen will, dann ist das: weit unerträgli­cher als das Propaganda­foto eines Fußballers mit einem zunehmend autoritär regierende­n Präsidente­n. Rassismus wirkt – leider.

Özils Rücktritt ist ein gigantisch­er Warnschuss. An uns alle. Und an den DFB. Nicht nur, weil das DFB-Team auf Jahre hinaus schlagbar wäre, wenn Fußballer mit doppelter Identität sich künftig nicht mehr für das Adlertriko­t entscheide­n würden. Mit seiner erbarmungs­losen Attacke gegen den heillos überforder­ten Reinhard Grindel hat Özil den einstigen CDU-Bundestags­abgeordnet­en in Zugzwang gebracht. Ein DFB-Präsident, dem ein Fußball-Weltmeiste­r „Inkompeten­z“und eine gewisse geistige Nähe zu Rassismus vorwirft, kann nicht zur Tagesordnu­ng übergehen. Jetzt muss Grindel sich erklären – und die Konsequenz­en ziehen.

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