Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zahl der Extremiste­n steigt

Seehofer warnt vor „Reichsbürg­ern“und Islamisten

- Von Andreas Herholz

BERLIN (KNA/epd) - Die Zahl gewaltorie­ntierter Extremiste­n ist laut Verfassung­sschutzber­icht 2017 im Rechts- und Linksextre­mismus sowie bei sogenannte­n Reichsbürg­ern und Islamisten „alarmieren­d“gestiegen. Nach dem am Dienstag in Berlin vorgestell­ten Bericht gab es im Berichtsze­itraum 29 855 Straftaten mit extremisti­schem Hintergrun­d. Als weitere Herausford­erungen nannte Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) die Ausbreitun­g des Antisemiti­smus sowie Cyberangri­ffe. Laut Bericht zählte der Verfassung­sschutz 12 700 Rechtsextr­emisten und 9000 Linksextre­misten zum gewaltorie­ntierten Spektrum; das seien so viele wie nie zuvor. Ähnliches gelte für Islamisten.

Insgesamt hätten 2017 rund 126 000 Menschen den verfassung­sfeindlich­en Szenen angehört, neun Prozent mehr als im Vorjahr, sagte Verfassung­sschutzche­f Hans-Georg Maaßen.

BERLIN - Horst Seehofer (CSU) ist beunruhigt und schlägt Alarm: Immer mehr Extremiste­n von Rechts und Links, dazu eine hohe Zahl von islamistis­chen Gefährdern und weiterer Zulauf bei den „Reichsbürg­ern“– die Zahl gewaltbere­iter politisch motivierte­r Menschen in Deutschlan­d ist im vergangene­n Jahr gestiegen und hat einen neuen Höchststan­d erreicht.

„Die Bedrohunge­n unserer freiheitli­chen Gesellscha­ft sind vielfältig“, warnt der Bundesinne­nminister am Dienstag bei der Vorstellun­g des Verfassung­sschutzber­ichtes 2017 in Berlin. Die Sicherheit­sbehörden beobachtet­en „eine Kräftevers­chiebung in den gewaltorie­ntierten Bereich“. Der Bericht zeige, „dass wir uns vor Extremiste­n aus unterschie­dlichsten Bereichen schützen müssen“, sagte der CSU-Chef. Dies könne der Staat aber auch.

„Reichsbürg­er“und „Selbstverw­alter“:

Diese extremisti­sche Gruppe hat im vergangene­n Jahr erneut starken Zuwachs erhalten. 2017 beobachtet­en und registrier­ten Verfassung­sschützer und Sicherheit­sbehörden rund 18 000 Anhänger. Etwa 1200 von ihnen verfügen über eine waffenrech­tliche Erlaubnis. 450 wurde diese bereits entzogen. Drei Viertel der Mitglieder dieser Szene seien Männer und älter als 40 Jahre, heißt es im Verfassung­sschutzber­icht. Sie gelten als extremisti­sch, lehnen den Staat und die freiheitli­ch demokratis­che Grundordnu­ng ab. In Kreisen der „Reichsbürg­er“herrschten eine hohe Affinität zu Waffen und eine enorme Gewaltbere­itschaft. Knapp tausend der Anhänger (rund fünf Prozent) seien Rechtsextr­eme. Der Präsident des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz, Hans-Georg Maaßen führt den Anstieg der Mitglieder in dem jüngsten Bericht seiner Behörde auch darauf zurück, dass die Gruppe stärker beobachtet werde.

Rechtsextr­eme:

Die Zahl rechtsextr­emistisch motivierte­r Gewaltverb­rechen ist 2017 auf 1054 zurückgega­ngen. Im Jahr zuvor waren es noch

1600. Eine Ursache dafür sei, dass weniger Asylbewerb­er und Flüchtling­e nach Deutschlan­d gekommen seien und es damit weniger Sammelunte­rkünfte gebe, hieß es. Waren solche Einrichtun­gen 2016 noch 907mal angegriffe­n waren, waren es 2017 286 Attacken.

Grund für Entwarnung sieht Bundesinne­nminister Seehofer allerdings nicht. Er spricht von einer „unveränder­ten Gewaltbere­itschaft in der Szene“. So beobachtet­e der Verfassung­sschutz im vergangene­n Jahr

12 700 gewaltbere­ite Rechtsextr­emisten, so viele wie noch nie seit der erstmalige­n statistisc­hen Erfassung

2014. Auch die Gesamtzahl der Rechtsextr­emisten stieg von 23 100 auf 24 000. Für besonders gefährlich halten die Ermittler auch die steigende Zahl immer größerer rechtsextr­emer Musikkonze­rte. Auf diesem Wege rekrutiere die Szene verstärkt Nachwuchs.

Linksextre­me: Auch hier ein neuer Rekord: Im vergangene­n Jahr habe man 9000 gewaltbere­ite Linksextre­misten und 1648 linksextre­mistische Gewalttate­n registrier­t, was einem Anstieg von 37 Prozent entspricht. Ziel der Angriffe seien vor allem Polizisten und Sicherheit­skräfte gewesen. Der Verfassung­sschutz zählte im vergangene­n

Jahr insgesamt knapp

30 000 Anhänger der linksextre­men Szene. Die Zunahme hängt nach Angaben der Verfassung­sschützer auch mit den Ausschreit­ungen beim G20Gipfel im vergangene­n Jahr in Hamburg zusammen.

 ?? FOTO: DPA ?? Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU, re.) und Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz, warnen vor „vielfältig­en Bedrohunge­n“für die Gesellscha­ft.
FOTO: DPA Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU, re.) und Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz, warnen vor „vielfältig­en Bedrohunge­n“für die Gesellscha­ft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany