Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Alte Liebe rostet
Ein Schloss als Symbol ewiger Liebe zu wählen, ist durchaus fragwürdig. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass sich der aus Italien stammende Trend der Liebesschlösser auch in unseren Breiten durchgesetzt hat. Abertausende Verliebte, Verlobte oder Verheiratete haben schon ein zweckentfremdetes Vorhängeschloss an einer Brücke platziert – und den Schlüssel ins Gewässer darunter geworfen. In Italien ist daraus ein Markt geworden. Was einst fürs Gartentürchen gedacht war, wird dank Herzchen und Gravur zum Romantik-Schloss. Darauf steht dann nicht mehr Abus oder Burg-Wächter sondern „Per sempre“, also „Für immer“.
Gewiss wünscht sich der eine oder die andere, das metallene Ding niemals aufgehängt zu haben. Oder es wird der Zweitschlüssel gesucht – zwecks Neumontage am Keuschheitsgürtel. Kommt der Frustrierte aus Köln, könnte ihm diese Arbeit abgenommen werden. Ein Sprecher der Deutschen Bahn hat nun verkündet, dass die Liebesschlösser auf der dortigen Hohenzollernbrücke weg müssen. „Das Gewicht ist nicht das Problem, aber der Korrosionsschutz des Zauns muss erneuert werden“, sagte er. Ein paar Stunden später kam von der Bahn die Entwarnung für alle noch nicht Entliebten. Es gebe keine Pläne, die Schlösser „in den nächsten Jahren zu entfernen“.
Wer ein Dementi erkennen mag, bitteschön! De facto hatte der BahnSprecher zuvor doch genau dies gesagt: Wenn der Zaun irgendwann rostet, werden die Schlösser – nach einer Wartezeit unbestimmter Dauer – vielleicht entfernt. Bis dahin beachten Sie bitte die Durchsagen. (jos)