Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Waldbrandgefahr ist sehr groß und steigt“
Hartmut Ziebs, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, über das Risiko großer Feuer
BERLIN - Im Norden und im Süden Europas brennen die Wälder. Doch wie sähe ein solches Schreckensszenario in Deutschland aus? Im Interview mit Andreas Herholz spricht Hartmut Ziebs, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, darüber, wie gut die Bundesrepublik für große Feuer gerüstet ist – und warum sich das Land besser auf den Klimawandel einstellen muss.
Verheerende Waldbrände in Schweden und Griechenland – drohen solche Katastrophen auch in Deutschland?
In Deutschland ist die Vegetation völlig anders. Hier wird viel mehr Prävention geleistet. Die Wälder sind anders aufgeforstet. Da gibt es Brandschneisen. Das ist eine Lehre, die man aus den schweren Waldbränden Mitte der 1970er-Jahre in Niedersachsen gezogen hat. Das Feuer würde sich nicht so rasend schnell ausdehnen. Nach menschlichem Ermessen sind solche dramatischen Brände wie in Schweden oder Griechenland bei uns nicht möglich. Die Feuerwehr in Deutschland ist sehr stark aufgestellt. Mit einer Million Feuerwehrleute sind wir europaweit führend. Frankreich hat nur 250 000. Wir sind schnell vor Ort und bekommen solche Brände vergleichsweise schnell in den Griff.
Es gibt keine Löschflugzeuge in Deutschland. Ist die Feuerwehr richtig ausgerüstet?
Wir brauchen in Deutschland keine Löschflugzeuge. Für den effektiven Einsatz von Löschflugzeugen braucht es große Gewässer für das Auftanken im Überflug. Da reicht eine Talsperre nicht aus. Wir setzen aber Hubschrauber zum Löschen ein. An denen mangelt es allerdings. Große Löschtanks kann nur der Bundeswehr-Hubschrauber CH53 bewegen. Diese Maschinen sind oft im Auslandseinsatz, oder die Piloten haben ihre Flugstunden überschritten und können nicht starten. Die kleinen Helikopter können nur mit kleinen Tanks fliegen.
Wie ernst ist die Waldbrandgefahr aktuell?
Die Waldbrandgefahr ist sehr groß und steigt angesichts der Trockenheit weiter an. Wir brauchen dringend Regen. Wir müssen uns auf den Klimawandel besser einstellen. Es wird mehr Trockenheit geben, mehr Starkregen und mehr Stürme. Das wird uns vor größere Herausforderungen stellen.
Wie steht es um den Nachwuchs beim Personal und die Zukunft der Freiwilligen Feuerwehren?
Bei der Freiwilligen Feuerwehr bekommen wir Probleme. Jetzt kommen die weniger geburtenstarken Jahrgänge und damit Personalengpässe. Auch das Freizeitverhalten der Menschen hat sich deutlich verändert. Für viele ist es nicht attraktiv, sich langfristig an eine Aufgabe wie bei der Freiwilligen Feuerwehr zu binden. Diesen Trend müssen wir umkehren, um die hohe Zahl an Personal halten zu können.