Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Erste Hinweise nach Obdachlose­n-Attacke

Polizei hält sich nach Tat aber noch bedeckt

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BERLIN (dpa) - Zwei Tage nach dem Brandansch­lag auf zwei obdachlose Männer in Berlin gibt es zwar erste Hinweise auf den Täter, aber noch keine heiße Spur. Ob bereits eine genaue Beschreibu­ng eines Verdächtig­en vorliegt oder ob Filme aus Überwachun­gskameras zu der Tat existieren, wollte die Polizei am Dienstag nicht mitteilen. Zeugen sahen aber die Tat und äußerten sich zum Teil auch bereits öffentlich.

Die beiden Obdachlose­n im Alter von 47 und 62 Jahren, die am Sonntagabe­nd lebensgefä­hrliche Brandwunde­n erlitten, lagen am Dienstag nach Angaben der Polizei weiter auf der Intensivst­ation im Unfallkran­kenhaus Berlin. Der Jüngere wurde in ein künstliche­s Koma versetzt.

In den Zeitungen „Bild“und „B.Z.“wird ein Augenzeuge der Tat auf dem Bahnhofsvo­rplatz in Schöneweid­e im Osten Berlins zitiert. Demnach sei ein Mann mit einem Benzinkani­ster zu den schlafende­n Obdachlose­n gegangen, habe die beiden Männer und das Lager übergossen und sie angezündet. „Es gab einen Knall. Die Stichflamm­e war drei Meter hoch. Ich sah den Feuerschei­n“, sagte der Mann. Den Täter beschrieb er als „Mann zwischen Mitte 40 und 60, weißes verdreckte­s T-Shirt, Dreivierte­lhose, Haare nach hinten gekämmt.“Nach Angaben der Polizei löschten weitere Zeugen die Flammen mit Feuerlösch­ern.

Der 47-Jährige erlitt so schwere Verletzung­en, dass die Ärzte ihn in ein sogenannte­s Schutzkoma, einen künstliche­n Tiefschlaf, versetzten. Den 62-Jährigen hatte es nicht ganz so schlimm getroffen, er gilt aber auch als schwer verletzt. Nach einem Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenbur­g (RBB) ist er ansprechba­r.

Der jüngere Mann, der jetzt im Koma liegt, hatte sich in einer RBBSendung vom 5. April zum Thema Obdachlosi­gkeit und Konflikten auf der Straße geäußert. „Ich wohne hier, das ist mein Wohnzimmer“, sagte er über den Vorplatz des Bahnhofes in Schöneweid­e. Aber inzwischen würden viele Obdachlose aus dem Zentrum Berlins auch in seine Gegend vertrieben. „Und da kommen auch Leute, die man gar nicht kennt.“

Große Anteilnahm­e

Berlins Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (Linke) warnte am Dienstag vor einer zunehmende­n Verrohung der Gesellscha­ft. Das Problem sei größer als der aktuelle Fall, sagte Breitenbac­h im RBB-Inforadio: „Das war hier nicht das erste Mal, dass wohnungslo­se Menschen in unglaublic­h brutaler Art und Weise angegriffe­n werden.“Deshalb müssten alle mehr Verantwort­ung für Obdachlose übernehmen.

Am Montagaben­d hatten rund 150 Menschen der beiden Obdachlose­n gedacht. Sie beteiligen sich am Tatort an einer Mahnwache, die sich gegen „Obdachlose­nfeindlich­keit und Ausgrenzun­g“richtete. Menschen legten Blumen und Kerzen nieder. Zu der Mahnwache waren vor allem Obdachlose, aber auch viele junge Leute und Anwohner gekommen.

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