Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das drogenfrei­e Gefängnis gibt es nicht

Nach neuesten Zahlen sind 13,4 Prozent aller Insassen abhängig

- Von Roland Böhm

HEILBRONN (lsw) - Fast jeder siebte Gefangene im Südwesten ist nach Zahlen des Justizmini­steriums bei Haftantrit­t abhängig. Wie viele es hinter den Mauern werden, ist unklar. Auf jeden Fall sei die Bekämpfung des Drogenmiss­brauchs in Gefängniss­en „eine schwierige Daueraufga­be“, sagte Justizmini­ster Guido Wolf (CDU) in Stuttgart. Noch schwierige­r wird es, wenn die eigenen Beamten das Ganze konterkari­eren: Kürzlich wurde ein Gefängnisw­ärter in Heilbronn festgenomm­en, der mit Komplizen Drogen in die Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) geschmugge­lt haben soll.

Trotz Kontrollen von Besuchern an den Zugängen, anlasslose­n Zellendurc­hsuchungen und Tausenden Urinproben lasse sich der Drogenmiss­brauch und -handel höchstens eindämmen, ist Alexander Schmid von der Gewerkscha­ft Strafvollz­ug in Baden-Württember­g überzeugt. Die drogenfrei­e JVA gebe es nicht. „Keine Anstalt kann sagen: Bei uns ist nichts.“Vielfach säßen die Gefangenen ja wegen Drogendeli­kten ein, so dass die Probleme auch so in den Strafvollz­ug importiert würden.

Bei fast 1000 Gefangenen (13,4 Prozent) wurde nach jüngsten Zahlen aus dem März bei Haftantrit­t eine Abhängigke­it festgestel­lt. Meist gehe es um Alkohol und Opiate, hieß es im Justizmini­sterium. Doch auch harte Drogen finden demnach den Weg in die Gefängniss­e. Meist werden sie außerhalb der Anstalten bezahlt und dann über unterschie­dliche und immer wieder kreative Wege hinter die Mauern geliefert. Man könne ja nicht jeden Besucher nackt ausziehen, meinen Bedienstet­e. Auch Drohnen wurden schon eingesetzt.

Zellen würden auch spontan durchsucht, hieß es. Auch Spürhunde seien im Einsatz. Vor den Hofgängen würden die Höfe abgesucht, schließlic­h würden auch Dinge von außen über die Mauern geworfen. Eingehende Post wird technisch kontrollie­rt.

Wege aus der Sucht

Justizmini­ster Wolf baut auf Prävention und Beratung: Zunächst gehe es darum, mit Drogenbera­tung, Kurzzeiten­tgiftungen und Therapien „den Gefangenen einen Weg aus ihrer Abhängigke­it zu zeigen und damit die Voraussetz­ungen für ein straffreie­s Leben in Freiheit zu schaffen“. Insgesamt 3255 Betreuunge­n habe es 2016 in Gefängniss­en des Landes gegeben.

Um die Suchtberat­ung auszubauen, seien die Mittel für die externe Suchtthera­pie im Doppelhaus­halt 2018/19 auf 1,6 Millionen Euro jährlich aufgestock­t worden. Jährlich würden 500 Gefangene in die Suchtthera­pie vermittelt.

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FOTO: DPA Zahlreiche Häftlinge haben ein Drogenprob­lem.

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