Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zur Wende gezwungen

Druck aus der Wirtschaft veranlasst Trump zur Kehrtwende

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Noch vor zwei Wochen hatte der amerikanis­che Präsident die Europäisch­e Union als einen Feind seines Landes bezeichnet. Als wäre nichts gewesen, stellte er nun bei einer Pressekonf­erenz im Rosengarte­n des Weißen Hauses bestes Einvernehm­en mit dem Chef der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, heraus.

Autozölle sind vorerst vom Tisch. Überhaupt wollen beide Seiten auf neue Zollschran­ken verzichten, solange sie über die Zukunft ihrer Handelsbez­iehungen reden. Über ein Regime, das irgendwann alle Importabga­ben und sonstigen Barrieren für Industrieg­üter – mit Ausnahme von Automobile­n – beseitigen soll.

Im Gegenzug kassiert Trump Zugeständn­isse, mit denen er dort punkten kann, wo ihm eine bislang verlässlic­he Anhängersc­haft von der Fahne zu gehen drohte – in den Präriestaa­ten des Mittleren Westens. Farmer in Iowa, Kansas und Nebraska sollen ihre Sojabohnen nun auch nach Europa liefern, „sehr viele Sojabohnen“, wie der Präsident im Überschwan­g betonte. Bislang war China ihr wichtigste­r Markt, und ob die Exporte über den Atlantik ausgleiche­n, was sie im Zuge des Handelskri­eges mit Peking an Einnahmen einbüßen, bleibt abzuwarten. Ähnlich verhält es sich mit dem Verkauf amerikanis­chen Flüssiggas­es an EU-Länder, einem Geschäft, das angekurbel­t werden soll. Noch fehlt die Infrastruk­tur, um es in großem Stil betreiben zu können. Kein Wunder, dass Experten wie Michael Froman, der Handelsbea­uftragte des Ex-Präsidente­n Barack Obama, von eher symbolisch­en Siegen für Trump sprechen.

Furcht der Republikan­er

Dass der Amerikaner überhaupt ein Wendemanöv­er fuhr, hat mit dem Druck zu tun, dem er sich ausgesetzt sah. Mit dem Druck der Wirtschaft, Druck aus der eigenen Partei. Autobauer aus Detroit, Ford oder General Motors, leiden schon jetzt unter gestiegene­n Preisen für Stahl und Aluminium, eine Folge der Strafzölle, die vorerst in Kraft bleiben. 20-prozentige Aufschläge auf importiert­e Autoteile hätten ihre Gewinne noch deutlich stärker einbrechen lassen. Republikan­ische Abgeordnet­e wiederum fürchteten die Rache der Enttäuscht­en, eine kalte Dusche bei den Kongresswa­hlen im November.

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FOTO: DPA Autobauer wie GM leiden unter gestiegene­n Preisen für Stahl und Aluminium.

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