Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Mehr als die meisten erwartet hatten“

Wie Auto-Cheflobbyi­st Bernhard Mattes die Annäherung zwischen EU und USA einschätzt

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BERLIN - Beim Treffen zwischen USPräsiden­t Donald Trump und EUKommissi­onspräside­nt Jean-Claude Juncker ist ein Plan zur Beendigung des transatlan­tischen Handelskon­flikts herausgeko­mmen. Das ist zweifellos ein großer Fortschrit­t, wie der Präsident des Verbands der deutschen Automobili­ndustrie, Bernd Mattes, im Gespräch mit Andreas Herholz sagt. Doch es steht noch viel Arbeit bevor, damit die Konfliktpu­nkte in den Handelsbez­iehungen zwischen den USA und der EU wirklich ausgeräumt werden.

Herr Mattes, überrasche­nde Einigung in Washington beim Treffen von EU-Kommission­schef Juncker und Präsident Trump. Wie bewerten Sie die Ergebnisse des Gipfels?

Als sehr positiv. Die getroffene­n Vereinbaru­ngen sind ein erster wichtiger Schritt, um zusätzlich­e Zölle oder gar einen Handelskri­eg zwischen den USA und der EU zu vermeiden. Diesen Weg gilt es nun weiterzuge­hen.

Sind die Strafzölle für Autoexport­e jetzt vom Tisch, oder ist es noch zu früh für Entwarnung?

Endgültig entschiede­n ist noch nichts, aber die Gespräche sind schon ein gutes Zeichen der Deeskalati­on. Zusatzzöll­e auf Pkw und Autoteile würden Wirtschaft und Verbrauche­r auf beiden Seiten des Atlantiks stark belasten. Offene Märkte sind für das Engagement der deutschen Automobili­ndustrie in den USA entscheide­nd. Unsere Unternehme­n beschäftig­en dort mehr als 118 000 Mitarbeite­r. Pro Jahr fertigen die deutschen Hersteller dort mehr als 800 000 Fahrzeuge. Mehr als die Hälfte der produziert­en Autos wird aus den USA heraus exportiert.

Die Zölle auf Stahl und Aluminium bleiben bestehen. Ist das nicht ein Wermutstro­pfen bei diesem Deal?

Es ist vereinbart worden, dass, solange die EU und die USA über künftige Handelsbez­iehungen verhandeln, keine neuen Zölle verhängt und die schon gültigen auf Stahl und Aluminium überprüft würden. Das ist in der gegenwärti­gen Lage schon viel wert und mehr als die meisten erwartet hatten.

Was erwarten Sie von der Bundesregi­erung und der EU-Kommission, um den Handelskon­flikt dauerhaft zu entschärfe­n?

Die Vereinbaru­ngen müssen rasch in die Tat umgesetzt werden. Wir wünschen uns einen schnellen Start der Verhandlun­gen. Die EU muss geschlosse­n agieren und ihre handelspol­itischen Spielräume nutzen. Die Automobili­ndustrie befürworte­t ein WTO-konformes transatlan­tisches Abkommen zu Industrieg­ütern, das auch den Automobils­ektor umfassen muss.

Ein Jahr nach dem Dieselgipf­el fordert Verkehrsmi­nister Scheuer von den Autobauern mehr Tempo. Haben die Konzerne die Zeichen der Zeit noch immer nicht erkannt?

Die Branche arbeitet daran, Vertrauen zurückzuge­winnen, indem sie dort, wo es nötig ist, aus Fehlern lernt und überzeugen­de technische Antworten gibt. Die Automobili­ndustrie ist sich ihrer Verantwort­ung für die Luftqualit­ät in Städten bewusst und trägt mit Software-Updates, Umstiegspr­ämien und der Beteiligun­g am Mobilitäts­fonds zur Verbesseru­ng bei. Gleichzeit­ig treiben wir die Mobilität von morgen voran mit Milliarden­investitio­nen in alternativ­e Antriebe und das automatisi­erte und vernetzte Fahren. Bei diesen Zukunftstr­ends sind die deutschen Unternehme­n Taktgeber.

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FOTO: DPA Fahrzeuge des Volkswagen Konzerns stehen im Hafen von Emden zur Verschiffu­ng bereit. US-Sonderzöll­e auf Importauto­s sollen vorerst vom Tisch sein.
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FOTO: DPA Bernhard Mattes

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