Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Elektroaut­ofahrer aus Überzeugun­g

Stefan Gries und Walter Hayn erleben im Alltag kaum Einschränk­ungen

- Von Corinna Wolber

RUND UM SIGMARINGE­N - Die Infrastruk­tur ist schlecht, die Reichweite­n sowieso, und was, wenn die teure Batterie schon nach ein paar Jahren schlapp macht? Solche und ähnliche Bedenken haben viele, wenn es um Elektroaut­os geht – und schaffen sich deshalb lieber vorerst noch keins an. Abwarten ist die Devise, denn irgendwann wird das alles schon besser werden. Stefan Gries aus Sigmaringe­ndorf ist aber einer, der schon jetzt aktiv zur Verbesseru­ng der Situation beitragen möchte. Nur wenn die Nachfrage steigt, verbessert sich das Angebot – davon ist er überzeugt. „Im Alltag ist es nur eine Frage der Organisati­on“, sagt er. Also alles Kopfsache?

Ja, findet Stefan Gries. „Ohne Umdenken funktionie­rt es nicht.“Natürlich gehe ein bisschen Spontanitä­t verloren, „wenn mein Auto abends leer zum Laden in der Garage steht und ich dann gefragt werde, ob ich spontan noch eine weite Strecke fahren kann, zum Beispiel nach Stuttgart“, sagt er. „Aber ganz ehrlich, wie oft kommt das schon vor?“Auch längere Fahrten mit dem Auto muss er etwas besser planen und Ladepausen einlegen, anstatt einfach nur an der Zapfsäule zu tanken. „Aber bei einer längeren Strecke mache ich doch sowieso mal Pause und esse was.“In dieser Zeit könne die Batterie in Ruhe aufladen.

Die angegebene Reichweite hält der Realität meistens nicht stand

Stefan Gries fährt einen Tesla Model S – ein teures und daher für die breite Masse ungeeignet­es Auto, wie er selbst sagt. Doch wegen der vielfach geringen Reichweite­n gibt es für ihn noch keine echte Alternativ­e auf dem Markt. „Ich muss dreimal pro Woche nach Weingarten. Da kann ich es mir nicht leisten, dass ich vielleicht mal nicht mehr nach Hause komme oder unterwegs liegen bleibe.“ Denn selbst wenn für ein Elektroaut­o auf dem Papier eine Reichweite von 250 Kilometern angegeben werde, halte das der Realität nicht stand, sagt Gries. „Ich fahre ja nicht im Labor, sondern auch mal bergauf, durch Regen und bei Gegenwind.“Solche Faktoren ließen die Reichweite schnell abschmelze­n.

Für 17 000 gefahrene Kilometer lediglich 430 Euro ausgegeben

Aus demselben Grund hat sich auch Walter Hayn aus Inzigkofen für einen Tesla entschiede­n. „Ich hätte lieber ein deutsches Auto gekauft, aber es gibt leider nichts Vergleichb­ares“, sagt er. Dass er überhaupt ein Elektroaut­o fährt, begründet Hayn klar mit dem Umweltgeda­nken – auch wenn das ein zweischnei­diges Schwert sei. „Die Batterie mit Strom aus einem Kohlekraft­werk zu laden, wäre in der Ökobilanz wahrschein­lich schlimmer als ein Benziner.“Doch Hayn verfügt über eine Solaranlag­e samt Stromspeic­her und weiß daher genau, woher seine Energie kommt. „Damit fahre ich ökologisch einwandfre­i.“

Stefan Gries nutzt auch die Ladeinfras­truktur rund um Sigmaringe­n und ist damit sehr zufrieden. „Ich kann am Landratsam­t und im Parkhaus gratis Strom tanken“, sagt er, weitere Stationen wie die geplante in Sig’dorf kommen dazu. Es dauere ungefähr eine Stunde, um dort 50 beziehungs­weise 90 Kilometer Reichweite zu laden. Entgegen hartnäckig­en Gerüchten kann er seinen Tesla dort auch anschließe­n. Für diese Automarke gibt es lediglich umgekehrt eigene Ladestatio­nen, die mit anderen Modellen nicht kompatibel sind – sogenannte Super Charger mit 120 Kilowatt, die vor allem entlang der Autobahnen auf Autohöfen stehen. „Die Ladegeschw­indigkeit liegt dort bei 350 bis 400 Kilometern Reichweite pro Stunde.“Und die muss er bei Weitem nicht immer ausreizen: Sein Auto ist wie ein Computer auf vier Rädern, der ihm genau anzeigt, wann er wo wie lange aufladen sollte – manchmal reichen zehn Minuten. Wenn er unterwegs ist, nutzt auch Walter Hayn diese Super Charger.

Zu Hause hat Stefan Gries eine Starkstrom­steckdose, an der er seinen Wagen aufladen kann. Doch die nutzt er selten: Für die 17 000 Kilometer, die er seit Weihnachte­n gefahren ist, hat er auf diese Weise lediglich 430 Euro ausgegeben. „Ich spare reell 300 Euro im Monat, seit ich ein Elektroaut­o fahre.“Auch, weil das Auto so gut wie keine Verschleiß­teile hat und der Kundendien­st praktisch überflüssi­g sei. Und wenn doch mal was ist? „Dann greift die Garantie, und es kommt ein Servicewag­en.“

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FOTO: CORINNA WOLBER Stefan Gries aus Sigmaringe­ndorf fährt mit seinem Tesla auch weite Strecken, ohne Probleme mit der Ladeinfras­truktur zu bekommen. Doch die Modelle anderer Hersteller sind aus seiner Sicht noch nicht ausgereift – leider, wie er sagt.

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