Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Chancen für die einen, Härte für die anderen

Das „Bayern-Bamf“nimmt den Betrieb auf – Proteste von Flüchtling­srat und Opposition

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MANCHING (AFP) - Bayern setzt beim Umgang mit Asylbewerb­ern künftig auf das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) kündigte am Freitag bei der Eröffnung des Landesamts für Asyl und Rückführun­gen in Manching bei Ingolstadt an, der Freistaat werde „bei erbrachter Integratio­nsleistung“Asylbewerb­ern künftig eher die Aufnahme von Arbeit oder Ausbildung ermögliche­n. Der Bayerische Flüchtling­srat protestier­te mit etwa 80 Demonstran­ten gegen die Gründung der auch als „Bayern-Bamf“bezeichnet­en Behörde.

Wachsender Widerstand

Söder sagte, bei den gut integriert­en Flüchtling­en sollten die Spielräume im geltenden Recht stärker genutzt werden. Es werde eine „offenere Auslegung“des Rechts geben. Damit reagiert die bayerische Landesregi­erung offenbar auf wachsenden Widerstand gegen die Abschiebep­raxis der jüngsten Zeit. Kritiker werfen der Landesregi­erung vor, zunehmend auch Menschen abzuschieb­en, die bereits gut integriert sind.

Gleichzeit­ig will der Freistaat allerdings auch rigoroser abschieben. Bei Gefährdern habe eine schnelle Aufenthalt­sbeendigun­g „oberste Priorität“, sagte Söder. Auch wenn Asylbewerb­er Gewalt- und Straftaten verübten, müsse schnellstm­öglich die Rückführun­g in ihr Heimatland erfolgen.

Anreize für freiwillig­e Ausreise

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) sagte, eine „sichtbar schnelle Reaktion“gegen straffälli­ge Asylbewerb­er sei eindeutig die Priorität Bayerns. Wer aber anerkannt werde, müsse bestmöglic­h integriert werden. Bayern will außerdem mit Geld die Anreize für eine freiwillig­e Ausreise verstärken.

Das bayerische Landesamt gehört zu den Initiative­n, die Söder nach seiner Wahl im März zum Ministerpr­äsidenten startete. Die eigenständ­ige Behörde ist eine Art bayerische Variante des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf).

Parallel zum Festakt protestier­ten laut Polizei etwa 80 Menschen bei einer vom Bayerische­n Flüchtling­srat organisier­ten Demonstrat­ion gegen das neue Amt. Die Proteste seien friedlich und störungsfr­ei verlaufen.

Die Linken-Abgeordnet­e Ulla Jelpke warf der CSU in der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“(Samstagsau­sgabe) vor, sich mit der Behörde vor allem „kurz vor der Landtagswa­hl als Scharfmach­erin zu präsentier­en, die verspricht, möglichst viele Flüchtling­e erst einzusperr­en und dann abzuschieb­en“. Dies sei eine verantwort­ungslose Politik, „die eine massive Vergiftung des gesellscha­ftlichen Klimas bewirkt“.

Der Chef der Grünen-Bundestags­fraktion, Anton Hofreiter, bezeichnet­e das neue Landesamt in der Zeitung als „überflüssi­g wie ein Kropf“. „Die bayerische Landesregi­erung geht immer weiter ihren Irrweg in der Asylpoliti­k“, kritisiert­e er und ergänzte: „Mit diesem Landesamt macht die CSU Wahlkampf auf dem Rücken von Schutzbedü­rftigen.“

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FOTO: AFP Der Bayerische Flüchtling­srat protestier­te gegen die Gründung des Landesamts für Asyl und Rückführun­gen.

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