Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Neckermann, Quelle & Co. – Aufstieg und Niedergang des deutschen Versandhandels
In der Nachkriegszeit und in den Jahrzehnten danach prägten sie die deutsche Wirtschaft, heute gibt es mit Otto nur noch einen großen Katalog-Versandhändler. Und auch der verwandelt sich mit der Abschaffung seines Katalogs endgültig zu einem reinen Onlinehändler. Die „Schwäbische Zeitung“fasst die Geschichte der drei größten deutschen Versandhändler zusammen:
Quelle: 1927 gründet Gustav Schickedanz das Unternehmen Quelle. Der erste Katalog des Versandhändlers erscheint aber erst viele Jahre später, nach dem zweiten Weltkrieg: 1954 zeigt das Heft „Meine Quelle“auf 72 Seiten 1200 Produkte. 1949 bekommt Quelle Konkurrenz von Otto, ein Jahr später folgt Neckermann. 1977 stirbt Gustav Schickedanz, seine Frau Grete übernimmt für einige Jahre die Geschäftsleitung. 1999 wird Quelle in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und fusioniert mit dem Warenhauskonzern Karstadt zur KarstadtQuelle AG, die später in Arcandor umbenannt wird. 2009 erscheint mit der Herbst/WinterKollektion der Quelle-Katalog zum letzten Mal. Am 9. Juni 2009 reicht die Quelle GmbH den Insolvenzantrag ein. Otto kauft sich die Rechte an dem Unternehmen.
Otto: 1949 gründet Werner Otto in Hamburg den Werner Otto Versandhandel. Ein Jahr später erscheint der erste Katalog. Werner Otto möchte aus seinem Unternehmen eine Gruppe machen. So gründet er 1969 die Hanseativ Bank, bei der Kunden ihre Bestellung finanzieren können. 1972 baut Otto mit dem Paketversand Hermes einen eigenen Zustelldienst auf. Mitte der
1980er-Jahre ist Otto der größte Versandhändler der Welt. Von 1994 an können Kunden das Sortiment auch auf einer interaktiven CD-ROM begutachten. Ein Jahr später gibt es Otto dann im Internet. Der Unternehmensgründer stirbt 2011 im Alter von 102 Jahren. Heute gehören zahlreiche Tochterfirmen, wie das Sportgeschäft Sportscheck oder der Internethandel About You, zur Otto-Gruppe.
Neckermann: 1950 gründet Josef Neckermann die Neckermann Versand KG in Frankfurt am Main. Nach
20 erfolgreichen Firmenjahren, läuft es in den 1970er Jahren nicht mehr rund für Neckermann. 1977 wird der Versandhandel in eine reine Aktiengesellschaft umgewandelt, bei der Karstadt Hauptaktionär wird. Nach der Fusion von Karstadt und Quelle gehört Neckermann zu KarstadtQuelle, beziehungsweise Arcandor. Ende der 1990er Jahre gründet Neckermann seinen eigenen Online-Shop. Später wird das Unternehmen in neckermann.de umbenannt. 2007 geht mit 51 Prozent die Mehrheit der NeckermannAnteile an den amerikanischen Finanzinvestor Sun Capital Partners. Im Herbst 2010 gehen auch die restlichen 49 Prozent Beteiligung an Sun Capital. Im April 2012 kündigt der Versandhändler an, den Kataloghandel komplett einzustellen. Im Juli desselben Jahres stellt Neckermann einen Insolvenzantrag. Wie bei der Quelle-Insolvenz, sichert sich Otto auch die Rechte an der Marke Neckermann. (coko)