Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Wie können Obdachlose sich schützen?
SIGMARINGEN (sz) - Ein Unbekannter hat in der Nacht zu Montag zwei Obdachlose in der Nähe eines S-Bahnhofs in Berlin angezündet. Sie wurden dabei lebensgefährlich verletzt. Auch hier bei uns leben Menschen ungeschützt unter Brücken oder in Parks. Wir haben Joachim Freitag (Foto: abu), dem Leiter der Wohnungslosenhilfe Sigmaringen, nachgefragt, wie die Situation für Wohnungslose hierzulande ist.
Wie können sich Obdachlose, die auf der Straße leben, vor solchen Taten schützen?
Dies ist natürlich sehr schwierig. Viele haben Hunde bei sich, die etwas Schutz bieten. Ansonsten helfen gute, nicht bekannte Schlafstätten, wo keine Passanten vorbeikommen. Abgesehen davon gibt es nicht so viele Möglichkeiten.
Kommt dies im Vergleich zu früher häufiger vor?
Dies kann ich so natürlich nicht beantworten. In Sigmaringen hatten wir solche Sachen glücklicherweise noch nicht. Die Durchreisenden berichten, dass das Leben auf der Straße allgemein härter geworden ist. Die Anzahl ist in den letzten Jahren zum Glück auch deutlich gesunken.
Nimmt der Hass gegen Obdachlose ihrer Meinung nach zu? Welchen Vorurteilen sind diese ausgesetzt?
Bei den Vorurteilen können Sie die „normale“Bevölkerung mal fragen. Hatte heute eine Wohnungsbesichtigung für unseren Personenkreis. Das erste, was die Nachbarschaft interessierte war, sind sie ruhig, sauber, sozial verträglich. „Penner“leben schon immer mit solchen Vorurteilen. Diese Menschen gelten als asozial. Ob diese Taten Hass gegen Obdachlose sind oder eher die Nichtakzeptanz anderer Lebensformen kann ich schwer beurteilen.
Wie können Bürger Obdachlosen helfen und sie vor solchen Übergriffen schützen?
Mit Achtsamkeit, Akzeptanz und Respekt. Eventuell können Betroffene dazu gebracht werden, dass sie sich an Fachdienste wenden. Ansonsten sind die Hilfsmöglichkeiten für „normale“Bürger sehr begrenzt. Die Ursache von Obdachlosigkeit ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Gäbe es mehr bezahlbaren Wohnraum, wären auch weniger Menschen auf der Straße. Siehe auch Caritas-Jahreskampagne „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“.