Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Falschpark­er werden bald zur Kasse gebeten

Gammerting­en führt Parkscheib­enpflicht auf 180 Plätzen ein – Politesse kontrollie­rt Einhaltung der Vorschrift­en

- Von Sebastian Korinth

GAMMERTING­EN - Lange haben die Gammerting­er Zeit gehabt, sich an die neuen Parkregelu­ngen in der Innenstadt zu gewöhnen – sogar länger, als es der Stadtverwa­ltung eigentlich lieb gewesen wäre. Doch so langsam wird es ernst: Seit Anfang des Monats dreht eine neue Politesse ihre Runden, um die Einhaltung der Vorschrift­en zu kontrollie­ren. Außerdem soll es nicht mehr lange dauern, bis das Ordnungsam­t bei Verstößen Verwarn- und Bußgelder kassiert.

Ihre Runde startet die neue Ordnungsam­tsmitarbei­terin an diesem Vormittag an der Marktstraß­e. Vor Einführung der „blauen Zone“konnten Autofahrer die Parkplätze dort beliebig lange belegen. Seit Anfang des Jahres ist die Parkzeit auf anderthalb Stunden begrenzt, außerdem ist das Herauslege­n einer Parkscheib­e nötig. Darauf weist die Politesse eine Frau hin, die gerade vom Kinderarzt kommt und in ihr Auto steigt. „Das wusste ich gar nicht. Seit wann ist das so?“, fragt die Autofahrer­in. Nicht nur an ihr ist die neue Regelung bislang offenbar vorbeigega­ngen: An der Marktstraß­e fehlt die Parkscheib­e an drei von sieben Fahrzeugen.

Warum die neuen Regelungen überhaupt eingeführt wurden, erläutert Ordnungsam­tsleiter Dominik Früh. Er berichtet unter anderem von einer groß angelegten Parkraum-Untersuchu­ng in der Stadt. „Wie viele Parkplätze stehen zur Verfügung? Wie stark werden sie genutzt und wie lange? Auf solche Fragen wollten wir damit eine Antwort bekommen“, sagt er. Eines der Ergebnisse: Vor allem die Parkplätze an der Sigmaringe­r Straße wurden häufig von Langzeitpa­rkern belegt. „Das sollte so nicht sein“, sagt Früh. „Denn gerade dort befinden sich zum Beispiel die Banken und viele Geschäfte.“

Auf dem großen Parkplatz vor diesen Geschäften haben die meisten Autofahrer an diesem Vormittag an die Parkscheib­e gedacht. „Vor drei Wochen war das noch anders“, sagt die Politesse. An einem Auto ohne Parkscheib­e hinterläss­t sie einen postkarten­großen Hinweis auf die neuen Parkregelu­ngen – da kommt auch schon der Fahrer zurück. Eigentlich denke er ja immer an die Parkscheib­e, sagt er. Aber dieses Mal habe er in einem Geschäft nur schnell etwas erledigen wollen. Das, sagt die Ordnungsam­tsmitarbei­terin, bekomme sie häufig zu hören. „Aber ich kann ja nicht wissen, wie lange jemand tatsächlic­h

„Wenn man etwas in der Stadt erledigen möchte, findet man inzwischen leichter einen Parkplatz“,

sagt Dominik Früh, Leiter des Gammerting­er Ordnungsam­ts.

weg war.“

Auf die Ergebnisse der ParkraumUn­tersuchung reagierte die Stadtverwa­ltung mit der Planung der „blauen Zone“. Direkt betroffene Anwohner wurden angeschrie­ben, im April vergangene­n Jahres gab es eine Informatio­nsveransta­ltung zum Thema. Die Stadt ließ einige Parkplätze sanieren, dem Amtsblatt Flyer beilegen und Hinweissch­ilder mit den neuen Regeln aufstellen. Diese geben die erlaubte Parkzeit an, die zwischen anderthalb und drei Stunden beträgt. Knapp 180 Parkplätze sind es, für die inzwischen das Herauslege­n einer Parkscheib­e nötig ist. Hinzu kommen etwa 480 Plätze in der näheren Umgebung, auf denen zeitlich unbegrenzt geparkt werden darf.

Vor der Sparkasse erkundigt sich eine Passantin, ab wann Knöllchen verteilt werden. „Demnächst“, sagt die Politesse. „Dann allerdings ohne weitere Vorwarnung.“Ihr Weg führt weiter die Sigmaringe­r Straße entlang und dann zurück in Richtung Rathaus. Auf dem großen Schlosspla­tz, auf dem jetzt drei Stunden lang geparkt werden darf, stehen gerade einmal vier Autos – eines davon ohne Parkscheib­e. Auch am TrégueuxPl­atz und vor dem Mariaberge­r Café „Fair und mehr“sind an diesem Vormittag kaum Parkplätze belegt.

Seit einigen Monaten hinterläss­t die Stadt Karten an den Autos, deren Fahrer sich nicht an die neuen Regeln halten. „Diesmal belassen wir es bei diesem freundlich gedachten Hinweis“, heißt es darauf. „Wir bitten Sie allerdings, die geltenden Parkvorsch­riften künftig zu beachten.“Beim nächsten Mal müssten die Betroffene­n damit rechnen, eine gebührenpf­lichtige Verwarnung an ihrer Windschutz­scheibe vorzufinde­n. „Die erste Auflage dieser Karten war relativ schnell verteilt“, sagt Dominik Früh. Inzwischen sei allerdings ein gewisser Lerneffekt eingetrete­n.

Eigentlich hatte die Stadtverwa­ltung schon viel früher Verwarn- beziehungs­weise Bußgelder einführen wollen. Doch dann fiel langfristi­g die Mitarbeite­rin aus, die die Einhaltung der neuen Vorschrift­en hätte kontrollie­ren sollen. Erst mit der Einstellun­g der neuen Politesse ist es wieder möglich geworden, Ernst zu machen. „Es gibt zwar noch keinen genauen Termin, aber in den kommenden Wochen wird es soweit sein“, sagt Dominik Früh. „Die Autofahrer hatten jetzt ein halbes Jahr Zeit, sich an die neuen Regeln zu gewöhnen.“Die Resonanz sei übrigens ganz überwiegen­d positiv, Kritik die Ausnahme. „Wenn man etwas in der Stadt erledigen möchte, findet man inzwischen eben leichter einen Parkplatz“, sagt Früh.

Gut 20 Hinweiskar­ten hat die Politesse an diesem Vormittag verteilt – fast alle, weil die Parkscheib­e fehlte. Niemand hat die erlaubte Parkdauer überschrit­ten. „20 bis 25 Karten pro Runde sind normal“, sagt die Ordnungsam­tmitarbeit­erin. Auch deshalb stellt sie sich darauf ein, in Zukunft einige Diskussion­en führen zu müssen. Nach vier Jahren Erfahrung als Politesse in einer anderen Kommune könne sie damit aber umgehen. Und auch Dominik Früh bleibt gelassen. „Es geht ja nicht darum, Geld in die Stadtkasse zu spülen. Es geht darum, Parkraum zu schaffen“, sagt er. „Dass die Anzahl der Verstöße so gering wie möglich bleibt, liegt also im Interesse aller.“

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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Erwischt: Vor den Geschäften an der Sigmaringe­r Straße sollen keine Langzeitpa­rker mehr geduldet werden.
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FOTO: SEK Die erlaubte Parkzeit beträgt anderthalb bis drei Stunden.

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