Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Falschparker werden bald zur Kasse gebeten
Gammertingen führt Parkscheibenpflicht auf 180 Plätzen ein – Politesse kontrolliert Einhaltung der Vorschriften
GAMMERTINGEN - Lange haben die Gammertinger Zeit gehabt, sich an die neuen Parkregelungen in der Innenstadt zu gewöhnen – sogar länger, als es der Stadtverwaltung eigentlich lieb gewesen wäre. Doch so langsam wird es ernst: Seit Anfang des Monats dreht eine neue Politesse ihre Runden, um die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren. Außerdem soll es nicht mehr lange dauern, bis das Ordnungsamt bei Verstößen Verwarn- und Bußgelder kassiert.
Ihre Runde startet die neue Ordnungsamtsmitarbeiterin an diesem Vormittag an der Marktstraße. Vor Einführung der „blauen Zone“konnten Autofahrer die Parkplätze dort beliebig lange belegen. Seit Anfang des Jahres ist die Parkzeit auf anderthalb Stunden begrenzt, außerdem ist das Herauslegen einer Parkscheibe nötig. Darauf weist die Politesse eine Frau hin, die gerade vom Kinderarzt kommt und in ihr Auto steigt. „Das wusste ich gar nicht. Seit wann ist das so?“, fragt die Autofahrerin. Nicht nur an ihr ist die neue Regelung bislang offenbar vorbeigegangen: An der Marktstraße fehlt die Parkscheibe an drei von sieben Fahrzeugen.
Warum die neuen Regelungen überhaupt eingeführt wurden, erläutert Ordnungsamtsleiter Dominik Früh. Er berichtet unter anderem von einer groß angelegten Parkraum-Untersuchung in der Stadt. „Wie viele Parkplätze stehen zur Verfügung? Wie stark werden sie genutzt und wie lange? Auf solche Fragen wollten wir damit eine Antwort bekommen“, sagt er. Eines der Ergebnisse: Vor allem die Parkplätze an der Sigmaringer Straße wurden häufig von Langzeitparkern belegt. „Das sollte so nicht sein“, sagt Früh. „Denn gerade dort befinden sich zum Beispiel die Banken und viele Geschäfte.“
Auf dem großen Parkplatz vor diesen Geschäften haben die meisten Autofahrer an diesem Vormittag an die Parkscheibe gedacht. „Vor drei Wochen war das noch anders“, sagt die Politesse. An einem Auto ohne Parkscheibe hinterlässt sie einen postkartengroßen Hinweis auf die neuen Parkregelungen – da kommt auch schon der Fahrer zurück. Eigentlich denke er ja immer an die Parkscheibe, sagt er. Aber dieses Mal habe er in einem Geschäft nur schnell etwas erledigen wollen. Das, sagt die Ordnungsamtsmitarbeiterin, bekomme sie häufig zu hören. „Aber ich kann ja nicht wissen, wie lange jemand tatsächlich
„Wenn man etwas in der Stadt erledigen möchte, findet man inzwischen leichter einen Parkplatz“,
sagt Dominik Früh, Leiter des Gammertinger Ordnungsamts.
weg war.“
Auf die Ergebnisse der ParkraumUntersuchung reagierte die Stadtverwaltung mit der Planung der „blauen Zone“. Direkt betroffene Anwohner wurden angeschrieben, im April vergangenen Jahres gab es eine Informationsveranstaltung zum Thema. Die Stadt ließ einige Parkplätze sanieren, dem Amtsblatt Flyer beilegen und Hinweisschilder mit den neuen Regeln aufstellen. Diese geben die erlaubte Parkzeit an, die zwischen anderthalb und drei Stunden beträgt. Knapp 180 Parkplätze sind es, für die inzwischen das Herauslegen einer Parkscheibe nötig ist. Hinzu kommen etwa 480 Plätze in der näheren Umgebung, auf denen zeitlich unbegrenzt geparkt werden darf.
Vor der Sparkasse erkundigt sich eine Passantin, ab wann Knöllchen verteilt werden. „Demnächst“, sagt die Politesse. „Dann allerdings ohne weitere Vorwarnung.“Ihr Weg führt weiter die Sigmaringer Straße entlang und dann zurück in Richtung Rathaus. Auf dem großen Schlossplatz, auf dem jetzt drei Stunden lang geparkt werden darf, stehen gerade einmal vier Autos – eines davon ohne Parkscheibe. Auch am TrégueuxPlatz und vor dem Mariaberger Café „Fair und mehr“sind an diesem Vormittag kaum Parkplätze belegt.
Seit einigen Monaten hinterlässt die Stadt Karten an den Autos, deren Fahrer sich nicht an die neuen Regeln halten. „Diesmal belassen wir es bei diesem freundlich gedachten Hinweis“, heißt es darauf. „Wir bitten Sie allerdings, die geltenden Parkvorschriften künftig zu beachten.“Beim nächsten Mal müssten die Betroffenen damit rechnen, eine gebührenpflichtige Verwarnung an ihrer Windschutzscheibe vorzufinden. „Die erste Auflage dieser Karten war relativ schnell verteilt“, sagt Dominik Früh. Inzwischen sei allerdings ein gewisser Lerneffekt eingetreten.
Eigentlich hatte die Stadtverwaltung schon viel früher Verwarn- beziehungsweise Bußgelder einführen wollen. Doch dann fiel langfristig die Mitarbeiterin aus, die die Einhaltung der neuen Vorschriften hätte kontrollieren sollen. Erst mit der Einstellung der neuen Politesse ist es wieder möglich geworden, Ernst zu machen. „Es gibt zwar noch keinen genauen Termin, aber in den kommenden Wochen wird es soweit sein“, sagt Dominik Früh. „Die Autofahrer hatten jetzt ein halbes Jahr Zeit, sich an die neuen Regeln zu gewöhnen.“Die Resonanz sei übrigens ganz überwiegend positiv, Kritik die Ausnahme. „Wenn man etwas in der Stadt erledigen möchte, findet man inzwischen eben leichter einen Parkplatz“, sagt Früh.
Gut 20 Hinweiskarten hat die Politesse an diesem Vormittag verteilt – fast alle, weil die Parkscheibe fehlte. Niemand hat die erlaubte Parkdauer überschritten. „20 bis 25 Karten pro Runde sind normal“, sagt die Ordnungsamtmitarbeiterin. Auch deshalb stellt sie sich darauf ein, in Zukunft einige Diskussionen führen zu müssen. Nach vier Jahren Erfahrung als Politesse in einer anderen Kommune könne sie damit aber umgehen. Und auch Dominik Früh bleibt gelassen. „Es geht ja nicht darum, Geld in die Stadtkasse zu spülen. Es geht darum, Parkraum zu schaffen“, sagt er. „Dass die Anzahl der Verstöße so gering wie möglich bleibt, liegt also im Interesse aller.“