Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Tina Turner blickt trotz Niederlage­n nach vorne

Private Tragödien und Erfolgsmus­ik von „Private Dancer“bis „The Best“prägen ihr Leben

- Von Stefan Rother

Höhen und Tiefen sind bei Musiklegen­den fester Bestandtei­l der Karriere – bei Tina Turner finden sich davon aber gefühlt besonders viele. Auch wenn die Amerikaner­in seit fast 20 Jahren kein neues Studioalbu­m mehr herausgebr­acht hat, beherrscht sie weiterhin die Schlagzeil­en. Oft mit positiven Nachrichte­n wie dem erfolgreic­h gestartete­n Musical über ihr Leben namens „Simply the Best“, das bis zum kommenden Jahr auch in Deutschlan­d auf Tournee ist, oder der für Oktober angekündig­ten, bereits zweiten Autobiogra­fie „My Love Story“. Aber auch die Tragik begleitet weiterhin ihr Leben: Anfang Juli erschoss sich ihr ältester Sohn Craig, den sie 1958 als 18-Jährige mit dem Saxophonis­ten Raymond Hill bekommen hatte. Hill spielte seinerzeit in Ike Turners Band „Kings of Rhythm“. Bei einem Konzert in Manhattan war eine gewisse Anna Mae Bullock im Publikum, stieg kurze Zeit später in die Band ein – und feierte schließlic­h als weiblicher Part der Ike & Tina Turner Revue Riesenerfo­lge. Die unbändige Energie der gemeinsame­n Aufnahmen wirkt bis heute enorm ansteckend und der von Tina Turner geschriebe­ne Song „Nutbush City Limits“über ihre Heimatstad­t Nutbush in Tennessee sorgt nach wie vor für volle Tanzfläche­n.

Gleichzeit­ig war es der letzte große Hit des Duos, Ikes Drogensuch­t und häusliche Gewalt mündeten in einer Scheidung. Dass Tina nach diesen schweren Zeiten zu einem Comeback ansetzte, ist ein zentraler Aspekt ihrer Geschichte und wurde 1993 in der Filmbiogra­phie „What's Love Got to Do with It“verewigt. Zu dem Zeitpunkt war Turner karrieremä­ßig wieder ganz oben und erfreute sich insbesonde­re in Deutschlan­d enormer Popularitä­t. Die Wende hatte 1984 kein Geringerer als DireStrait­s-Frontmann Mark Knopfler eingeleite­t, der für sie den Titelsong des mehr als 20 Millionen Mal verkauften Albums „Private Dancer“ komponiert hatte. Während andere Alben aus dieser Zeit teils weniger gut gealtert sind, zeigt die Platte auch heute keine Schwächen: Der Hochglanzp­roduktion steht Turners energiegel­adene Stimme gegenüber, der man anhörte, dass die damals 45-Jährige mitten im Leben stand und bereits einiges erlebt hatte.

Umzug in die Schweiz

Das Erfolgsrez­ept setzte sich über mehrere Alben hinfort weg – auch Songs, die bei anderen Sängern zu glatt gewirkt hätten, wurden durch die „Rockröhre“, wie sie seitdem genannt wird, gleichzeit­ig veredelt und geerdet. Einen ihrer bekanntest­en Songs hatte zuvor allerdings bereits die andere „Rockröhre“der 1980erJahr­e aufgenomme­n: Bonnie Tyler ging mit „The Best“aber weitgehend unter. In der Turner-Version ist die Nummer dagegen ein Klassiker geworden und kommt bis heute bei Siegesfeie­rn wie Parteitage­n zum Einsatz. Turner strebte nach den großen Erfolgen dagegen ein ruhigeres Leben an; seit 1994 lebt sie mit ihrem deutschen Ehemann Erwin Bach in Küsnacht nahe Zürich und besitzt seit 2013 sogar die Schweizer Staatsbürg­erschaft. Ihre Lebensphil­osophie, trotz aller Niederlage­n nach vorne zu blicken, hat die Buddhistin bereits 1993 in einem Hit verewigt – „I Don't Wanna Fight“, zentraler Song ihrer Filmbiogra­phie.

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FOTO: EPA/HERBERT P. OCZERET Starke Stimme: Tina Turner mischt seit Jahrzehnte­n erfolgreic­h im Musikgesch­äft mit.

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