Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Wohnzimmergefühl auf dem Schlossplatz
Zuhörer genießen Musik vom Romeo Franz Ensemble beim Open Air in Gammertingen
GAMMERTINGEN - Der gelungene Start in den Gammertinger Kultursommer vor der historischen Schlosskulisse lockte zahlreiche Jazzliebhaber auch aus der weiteren Umgebung auf die Alb. Das Ensemble um Romeo Franz deckte mit Stücken von Stevie Wonder bis zu Django Reinhardt, sowie dem traditionellen deutschen Sinti-Jazz eine breite Jazzvielfalt ab.
Die Bierbänke und die Stehtische auf dem Schlossplatz waren von Beginn an sehr gut besetzt, Liebhaber und Kenner der Jazzmusik setzten sich weit vorne hin. Die Gäste, die sich von der Musik eher im Hintergrund beim Gespräch berieseln lassen wollten, hielten sich entsprechend weiter weg von der Bühne auf.
Wolfgang und Renate Schauer aus Nürtingen nahmen weit vorne Platz, denn das Paar sucht sich als bekennendes Jazzliebhaberpaar gezielt Veranstaltungen aus und reist dabei auch gerne auf die Alb, wie Renate Schauer anmerkte. Sie seien im vergangenen Jahr zum ersten Mal bei der Gammertinger Veranstaltung gewesen und von Band und Schlossplatzambiente gleichermaßen begeistert gewesen. Wolfgang Schauer war besonders gespannt auf die Lieder des traditionellen Sinti-Jazz, welche zum Repertoire des Romeo Franz Ensembles gehören. „Die Sinti und Roma sind für ihr Musiktalent bekannt, viele namhafte Musiker mit Weltruhm stammen aus dieser Kultur“, erklärte Schauer und lauschte aufmerksam dem jiddischen Titel „Bei mir bistu shein“aus den 40er Jahren.
Fritz Kottmann aus Sigmaringen, der selbst leidenschaftlicher Bassist bei den Jazzmatics ist, lobte das Ensemble ebenfalls sehr. „Man hört sehr gut, dass jeder Musiker
Meister seines Instruments ist“, so der Dirigent des Sigmaringer Brunnenbergchores. „Ein ganz dickes Lob an die Stadt Gammertingen für die Organisation dieses Events. Sowas würde ich mir von der Stadt Sigmaringen auch wünschen. Auf der Donaubühne wäre doch die perfekte Lage für ein Jazz-Open-Air“, fügte Kottmann hinzu. Mit Stevie Wonders "You are the sunshine of my life" wurde zur Pause übergeleitet. Das Ensemble besteht aus dem Bandleader Romeo Franz (Geige), seinem 18-jährigen Sohn Sunny Franz (zweite Geige), Joe Bawelino (Solo-Gitarre), David Reinhardt (Rhythmus-Gitarre) und Peter Bockius (Kontra-Bass). Alle haben eine klassische Ausbildung durchlaufen, ebenso die traditionelle Ausbildung des deutschen Sinti-Jazz. "Dabei wird gelernt, über das Gehör zu spielen", erklärte Romeo Franz. Das Spielen aus dem Kopf heraus sei die große Aufgabe, die eben auch Freiheit in der Interpretation erlaube, führte Franz weiter aus. Die Musiker sind alle in der Lage, ohne Noten zu spielen, was Kenner wie Fritz Kottmann zusätzlich beeindruckte. Dieses perfekt harmonierende Zusammenspiel des Ensembles, das seit 1991 zusammen Musik macht, wurde mit einem sehr ausgewogenen Programm zum Genuss für die Zuhörer. Mit dem ungarischen Csárdás oder dem weltweit bekannten Jazzklassiker "Sweet Georgia Brown", Titeln von Django Reinhardt, dem Begründer des europäischen Jazz, und weiterem traditionellen deutschen SintiJazz traf das Ensemble genau den Geschmack. Romeo Franz war vom Gammertinger Publikum sehr angetan. "Das ist ein sehr fachkundiges Publikum, es gab immer mal wieder Zwischenapplaus. Jazz ist nichts Fremdes in Gammertingen. Es fühlt sich für uns und für das Publikum an wie im Wohnzimmer", so der Bandleader. Das sieht auch Bürgermeister Holger Jerg so, der die Band für das kostenlose Open-Air organisiert hat. Dafür, dass die Gäste nicht auf dem Trockenen sitzen mussten, sorgten die emsigen Bedienungen des Sportvereins aus Bronnen, sowie die Metzgerei Bögle und die Bäckerei Bogenschütz.
„Sowas würde ich mir von der Stadt Sigmaringen auch wünschen“, sagt Fritz Kottmann, Bassist aus Sigmaringen.