Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Abschüsse beim Schwarzwild verdoppelt
Jäger im Kreis erreichen auch ohne Saufänge das vom Land geforderte Ziel.
SIGMARINGEN - Im Jagdjahr 2017/
2018 ist im Kreis Sigmaringen die größte Strecke an Schwarzwild erzielt worden, die es je gab. Laut Kreisjägermeister Hans-Jürgen Klaiber wurden mit viel Aufwand vonseiten der Jäger 1930 Wildschweine erlegt. Im Jagdjahr davor waren es noch
992. „Wir konnten also die Strecke verdoppeln. Das ist weit mehr, als Landwirtschaftsminister Hauk gefordert hat“, sagt Klaiber und bezieht sich auf den Zwölf-Punkte-Plan des Ministers mit Präventionsmaßnahmen gegen die Einschleppung der afrikanischen Schweinepest. Klaiber fühlt sich bestätigt: „Damit zeigen wir: es geht auch ohne den Einsatz von Saufängen.“In den Augen Klaibers ist die umstrittene Methode, bei der ein Saugatter mit Futterstelle im Wald aufgestellt wird, in dem die Tiere abgeschossen werden, keine tierschutzgerechte Maßnahme. Das Land erprobt diese Lebendfallen derzeit in Staatswäldern. „Die Saugatter sind zu Recht früher verboten worden“, sagte Klaiber bereits im Frühjahr im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“– woraufhin sich der Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, aufgebracht bei ihm gemeldet habe. Das Ministerium erkennt indes die Erfolge der Kreisjäger an – befürwortet aber weiterhin den Einsatz von Saufängen.
„Wir haben die Einzelansitze verstärkt, waren nicht nur im Wald, sondern auch auf offenem Feld unterwegs“, erklärt der Kreisjägermeister die Erfolge. Zudem seien viele Gastund Jungjäger zur Schwarzwildjagd eingeladen worden. Darüber hinaus habe es viele revierübergreifende Drückjagden gegeben, zum Teil auch spontan initiiert, sobald Tiere gesichtet worden seien. „Wir haben auf bis zu 2000 Hektar Drückjagden veranstaltet. Das war ein riesiger Aufwand – logistisch und organisatorisch“, berichtet Hans-Jürgen Klaiber. Das Landratsamt sei den Jägern insofern entgegengekommen, als dass das Sonn- und Feiertagsdrückjagdverbot aufgehoben worden sei. Auch eine kurzfristige Beschilderung der Straßen zu Sicherheitszwecken habe das Landratsamt den Jägern erlaubt, um sogenannte „Adhoc-Jagden“niederschwellig organisieren zu können.
Reduzierung von Feldschäden
Seit Mai 2017 machen die Jäger im Kreis vermehrt Jagd auf Schwarzwild. Klaiber erhofft sich dadurch auch eine Reduzierung der Feld- und Flurschäden durch Wildschweine. Die Tiere werden stärker bejagt, weil das Land befürchtet, die in Osteuropa grassierende afrikanische Schweinepest – für Menschen ungefährlich, für Schweine tödlich – könnte sich auch in Deutschland ausbreiten. Klaiber spricht trotz der hohen Abschusszahlen von einer „nachhaltigen Bestandsreduzierung“.
Ziel sei es, etwa 50 Prozent des Nachwuchses „abzuschöpfen“. Das gehe aber nicht, in dem man lediglich Frischlinge schieße, da die adulten Tiere sonst im darauffolgenden Jahr mehr Nachwuchs bekommen würden. „Wir bejagen die adulten Tiere in der Zeit, in der Wildschweine keine Jungtiere aufziehen“, erklärt der Jäger. An den Maßnahmen wollen die Kreisjäger weiter festhalten. Laut Jürgen Wippel vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) gebe es keine Patentlösung zur Bestandsminimierung. Das Ministerium geht davon aus, dass die Schwarzwilddichte im Normalfall mit Hilfe der in Sigmaringen praktizierten Methode sehr wohl erfolgreich reduziert werden könne. „Daher ist auch in Zukunft auf dieses Modell zu setzten“, sagt Wippel. Dennoch spricht aus Landessicht einiges für die Saufänge: Zum einen könnten sie in Bereichen eingesetzt werden, die von der Jagd ausgenommen oder schwer bejagbar seien wie Randlagen städtischer Bereiche. Sollte die Schweinepest in Deutschland ausbrechen, bestehe „dringlichster Handlungsbedarf, da herkömmliche Jagdmethoden alleine nicht ausreichen werden, sondern Verfahren wie der Saufang einsetzbar sein müssen, um die Seuche auszulöschen“, erklärt Wippel. Außerdem würden keine wissenschaftlichen Studien zum Einsatz vorliegen, weswegen die Notwendigkeit bestehe, diese Methode auch wissenschaftlich zu erproben.
An ihre Grenzen geraten die Jäger im Kreis laut Klaiber derzeit, was die Absatzmärkte angehe. „Wir brauchen Unterstützung vom Land, um das Fleisch zu marktgerechten Preisen verkaufen zu können“, so Klaiber. Er würde es zudem begrüßen, wenn die Jäger ihr Fleisch an den Stellen verkaufen könnten, die auch staatlichen Förstern zur Verfügung stünden. Laut Ministerium wird derzeit eine Förderrichtlinie vorbereitet, um eine Professionalisierung der Vermarktung von Wild mittels Kampagnen und in Zusammenarbeit mit großen Lebensmittelketten anzustoßen. Zudem sei beabsichtigt, das Qualitätszeichen Baden-Württemberg für Wildpret zu öffnen.