Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Wahlen waren zwar ein Fortschritt, aber noch nicht fair“
Der EVP-Abgeordnete Elmar Brok über die Gewalt nach der Wahl in Simbabwe
BERLIN - Die neue Regierung in Simbabwe muss die Wahlergebnisse veröffentlichen, um neue Gewalt zu verhindern. Das fordert Elmar Brok, (CDU, Foto: Imago), EVP-Abgeordneter im Europäischen Parlament und EU-Chefwahlbeobachter in Simbabwe, im Gespräch mit Andreas Herholz. Bislang sind sechs Demonstranten bei Zustammenstößen mit dem Militär gestorben.
Herr Brok, nach der Wahl in Simbabwe schießen Soldaten auf Demonstranten, die Wahlbetrug vermuten. Droht das Land jetzt im Chaos zu versinken?
Nein, das glaube ich nicht. Simbabwe ist ein Land im Aufbruch. Die Menschen dort haben den höchsten Grad an Schreibe- und Lesefähigkeit in Afrika. Jetzt kommt es darauf an, dass alle Seiten besonnen bleiben. Ich habe die Demonstrationen selbst erlebt. Das waren junge Menschen, nicht hasserfüllt, sondern unzufrieden. Dass die Armee dort gleich mit scharfer Munition geschossen hat, war völlig unverhältnismäßig. Da wurde bewusst eskaliert, um den Widerstand zu unterdrücken.
Waren das echte und faire Wahlen?
In der Vergangenheit hat die Regierungspartei alle Wahlen manipuliert und die Ergebnisse gefälscht. Deswegen gibt es ein hohes Maß an Misstrauen. Immerhin: Der Wahlkampf war frei von Gewalt. Im Vergleich zu früheren Wahlen haben wir einen großen Fortschritt erlebt. Auch der Wahltag ist gut verlaufen. Es gab aber etliche Unstimmigkeiten, vom Druck der Stimmzettel über Wählerlisten und anderes mehr. In manchen Wahllokalen wurden Wähler auch von Leuten begleitet, die ihnen sagten, was sie zu wählen haben. Die Staatsmedien haben nur über die Regierungspartei berichtet. Jetzt wächst verständlicherweise das Misstrauen, weil das Wahlergebnis noch weiter auf sich warten lässt.
Wie kann man eine Eskalation verhindern?
Die Regierung muss das Ergebnis dringend öffentlich machen. Deswegen fordert die Europäische Union, dass die Wahlergebnisse nachverfolgbar sein müssen bis hin zurück zu den Wahllokalen. Ob die Wahlen so stark manipuliert worden sind, dass dies am Ende das Ergebnis verändert hat, können wir noch nicht genau beurteilen. Wir waren das erste Mal seit 18 Jahren eingeladen, die Wahl zu beobachten. Wir müssen jetzt genau feststellen, ob diese Wahl wirklich zu mehr Freiheit geführt hat oder ob es nur den Eindruck erwecken sollte, um den Weg freizumachen, für Investitionen und Hilfen aus Europa. Ich habe Zweifel, ob diese Wahlen wirklich frei oder nicht eher darauf angelegt waren, die Regierungspartei an der Macht zu halten.
Was muss jetzt geschehen?
Wir müssen alles daran setzen, dass ein vernünftiger demokratischer Prozess fortgesetzt wird. Die Wahlen waren zwar ein Fortschritt, aber noch nicht fair. Jetzt geht es darum, eine glaubwürdige Regierung zu bilden und die Demokratie weiter zu entwickeln. Das Land ist pleite, muss weg von den Sanktionen und braucht Hilfe. Simbabwe hat heute ein geringeres Bruttoinlandsprodukt als 1980. Wenn es dort Fortschritte gibt, ist die EU bereit zu helfen.