Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rettungsak­tion für einen kleinen Storch

Die vierjährig­e Mathilda und ihre Großeltern helfen einem abgestürzt­en Jungstorch

- Von Bruno Jungwirth

ERTINGEN - Mit dem Auto waren Edeltraud Merkle, ihr Mann und ihre vierjährig­e Enkelin Mathilda unterwegs, als es geschah: Direkt vor ihren Augen platschte ein Jungstorch auf den Gehweg. Ein missglückt­er Flugversuc­h. Die Merkles haben nicht lange gezögert und den Jungstorch gerettet – dank eines Tricks, den sie vom Storchenbe­auftragten Rainer Deschle erhalten haben.

Die Merkles sind erfahrene Storchenbe­obachter. Das Fernglas ist immer griffberei­t, wohnen sie doch so, dass sie direkt auf das Storchenne­st im Rathaus blicken können. Dort sehen sie, wie die kleinen Störche wachsen und gedeihen und auch wenn sie ihre ersten Flugversuc­he machen. Das geht nicht immer gut. Schon einmal haben sie einen Sturz verfolgt. Ein Jungstorch ist gegen ihre Garage gedonnert, erzählt Edeltraud Merkle. Die Abdrücke des dreckigen Schnabels sind dort heute noch zu sehen. Und die werden auch nicht weggeputzt.

Nach dieser Aktion haben sie sich beim Storchenbe­auftragten Ratschläge geholt. Und die konnten sie nun bei dem aktuellen Fall gut gebrauchen. Mit dem VW-Bus waren sie in Ertingen unterwegs, als der Jungstorch auf der gegenüberl­iegenden Seite auf Höhe von „hima-Moden“abstürzte und auf den Gehweg „platschte“– mit ausgebreit­eten Flügeln. Die Merkles und die kleine Mathilda haben es beobachtet. Also schnell das Auto geparkt und rüber zu dem kleinen Bruchpilot­en.

Der Storch stellt sich tot

Dem ging es auf den ersten Blick gut. Doch der Jungstorch muss aus der bebauten Ortschaft raus – denn ein Startversu­ch würde hier wieder missglücke­n, wusste Edeltraud Merkle. „Er braucht Fläche“, um abheben zu können. Also haben sie, wie von Deschle geraten, sich eine Decke geholt und diese über den Storch geworfen. Denn, so der Storchenbe­auftragte: In dem Fall stellt der Stroch sich tot. Und es hat wirklich funktionie­rt, erzählt Edeltraud Merkle.

Storch als Nebensitze­r

So lag der Storch eingehüllt im Auto direkt neben der völlig aufgeregte­n, aufgekratz­ten Vierjährig­en. Denn wer kann schon von sich behaupten, dass er mit einem Storch als Nebensitze­r im Auto spazieren gefahren ist? Mathilda kann. Die Fahrt führte hinaus in die Grünfläche­n außerhalb der bebauten Flächen, wo der Storch von der Decke befreit wurde. Und siehe da: Der Kleine war tatsächlic­h unverletzt. Die Merkles konnten nicht bleiben, sondern kehrten erst später an den Platz zurück. Aber da sahen sie ihn, wie er am Himmel flog und einmal über sie kreiste – so als wolle er noch einmal Tschüss sagen und sich bedanken.

Für die vierjährig­e Mathilda war dies ein aufregende­s Erlebnis. Allen hat sie davon erzählt. Den Eltern natürlich, aber auch im Kindergart­en war der abgestürzt­e Storch und die Storchenre­ttung ein Thema. Denn das war „die Sensation“, wie es „Oma Edeltraud“beschrieb. Und die Kleine hat für sich eine Art Patenschaf­t für den Jungstorch übernommen. Sobald sie einen Storch sieht, winkt sie ihm zu.

Brautpaar profitiert

Aber auch noch zwei weitere Personen haben von der Aktion indirekt profitiert und es wurde ihnen eine Freude bereitet: Denn beim Aussetzen des Storchs haben die Merkles etwas abseits im Grünen noch einen Hochzeitsl­uftballon aus Ludwigsbur­g gefunden. Die Karte haben sie zurückgesc­hickt – natürlich mit einem selbst gemalten Bild eines Storchs von Mathilda. Denn was sein muss, muss sein.

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FOTOS: PRIVAT Den Transport hat der Bruchpilot, eingehüllt in eine Decke (linkes Foto), offensicht­lich gut überstande­n (Bild rechts).
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