Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Rettungsaktion für einen kleinen Storch
Die vierjährige Mathilda und ihre Großeltern helfen einem abgestürzten Jungstorch
ERTINGEN - Mit dem Auto waren Edeltraud Merkle, ihr Mann und ihre vierjährige Enkelin Mathilda unterwegs, als es geschah: Direkt vor ihren Augen platschte ein Jungstorch auf den Gehweg. Ein missglückter Flugversuch. Die Merkles haben nicht lange gezögert und den Jungstorch gerettet – dank eines Tricks, den sie vom Storchenbeauftragten Rainer Deschle erhalten haben.
Die Merkles sind erfahrene Storchenbeobachter. Das Fernglas ist immer griffbereit, wohnen sie doch so, dass sie direkt auf das Storchennest im Rathaus blicken können. Dort sehen sie, wie die kleinen Störche wachsen und gedeihen und auch wenn sie ihre ersten Flugversuche machen. Das geht nicht immer gut. Schon einmal haben sie einen Sturz verfolgt. Ein Jungstorch ist gegen ihre Garage gedonnert, erzählt Edeltraud Merkle. Die Abdrücke des dreckigen Schnabels sind dort heute noch zu sehen. Und die werden auch nicht weggeputzt.
Nach dieser Aktion haben sie sich beim Storchenbeauftragten Ratschläge geholt. Und die konnten sie nun bei dem aktuellen Fall gut gebrauchen. Mit dem VW-Bus waren sie in Ertingen unterwegs, als der Jungstorch auf der gegenüberliegenden Seite auf Höhe von „hima-Moden“abstürzte und auf den Gehweg „platschte“– mit ausgebreiteten Flügeln. Die Merkles und die kleine Mathilda haben es beobachtet. Also schnell das Auto geparkt und rüber zu dem kleinen Bruchpiloten.
Der Storch stellt sich tot
Dem ging es auf den ersten Blick gut. Doch der Jungstorch muss aus der bebauten Ortschaft raus – denn ein Startversuch würde hier wieder missglücken, wusste Edeltraud Merkle. „Er braucht Fläche“, um abheben zu können. Also haben sie, wie von Deschle geraten, sich eine Decke geholt und diese über den Storch geworfen. Denn, so der Storchenbeauftragte: In dem Fall stellt der Stroch sich tot. Und es hat wirklich funktioniert, erzählt Edeltraud Merkle.
Storch als Nebensitzer
So lag der Storch eingehüllt im Auto direkt neben der völlig aufgeregten, aufgekratzten Vierjährigen. Denn wer kann schon von sich behaupten, dass er mit einem Storch als Nebensitzer im Auto spazieren gefahren ist? Mathilda kann. Die Fahrt führte hinaus in die Grünflächen außerhalb der bebauten Flächen, wo der Storch von der Decke befreit wurde. Und siehe da: Der Kleine war tatsächlich unverletzt. Die Merkles konnten nicht bleiben, sondern kehrten erst später an den Platz zurück. Aber da sahen sie ihn, wie er am Himmel flog und einmal über sie kreiste – so als wolle er noch einmal Tschüss sagen und sich bedanken.
Für die vierjährige Mathilda war dies ein aufregendes Erlebnis. Allen hat sie davon erzählt. Den Eltern natürlich, aber auch im Kindergarten war der abgestürzte Storch und die Storchenrettung ein Thema. Denn das war „die Sensation“, wie es „Oma Edeltraud“beschrieb. Und die Kleine hat für sich eine Art Patenschaft für den Jungstorch übernommen. Sobald sie einen Storch sieht, winkt sie ihm zu.
Brautpaar profitiert
Aber auch noch zwei weitere Personen haben von der Aktion indirekt profitiert und es wurde ihnen eine Freude bereitet: Denn beim Aussetzen des Storchs haben die Merkles etwas abseits im Grünen noch einen Hochzeitsluftballon aus Ludwigsburg gefunden. Die Karte haben sie zurückgeschickt – natürlich mit einem selbst gemalten Bild eines Storchs von Mathilda. Denn was sein muss, muss sein.