Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Made in Germany nur noch zweite Wahl
Aber Max Meyer wird immerhin bezahlt wie ein Weltklasssespieler
RAVENSBURG (dpa) - Der Bedeutungsverlust des deutschen Fußballs schlägt sich auch auf dem internationalen Transfermarkt nieder. „Made in Germany“ist im Ausland derzeit kein Gütesiegel mehr, Spieler aus der Bundesliga sind meist nur zweite Wahl. Ein Königstransfer eines deutschen Spielers fehlt in diesem Sommer noch, statt Barcelona, Liverpool oder Paris heißen die neuen Clubs der deutschen Profis nur Fulham, Crystal Palace oder Moskau.
Lediglich Emre Can, von Bundestrainer Joachim Löw nicht für die am Ende desaströse WM-Mission in Russland nominiert, fand einen neuen Arbeitgeber mit klangvollem Namen. Vom FC Liverpool zog es ihn zu Juventus, wo er in der kommenden Saison mit einem gewissen Cristiano Ronaldo zusammenspielen darf.
Doch ansonsten bewegen sich die neuen Vereine der ins Ausland gewechselten Bundesligaprofis eher im Mittelklasse-Segment. Sinnbildlich für die stark nachgelassene Nachfrage nach Spielern aus Deutschland stehen André Schürrle, Benedikt Höwedes und Max Meyer. Sie alle haben eine durchwachsene Zeit hinter sich. Doch sie und ihre Berater waren lange dennoch felsenfest überzeugt davon, dass es auf dem seit einigen Jahren völlig überhitzten Transfermarkt schon adäquate Clubs für sie geben würde.
Meyer ist nicht Kimmich
Meyer etwa, 2016 in Rio de Janeiro Silbermedaillengewinner bei Olympia, 2017 U21-Europameister und von seinem Berater Roger Wittmann bereits mit dem Prädikat „Weltklassespieler“versehen, lehnte sogar mehrere finanziell nicht unlukrative Vertragsverlängerungsangebote des FC Schalke ab, weil er sich zu Höherem berufen fühlte. Das Ende der abgelaufenen Saison erlebte Meyer von der Tribüne aus – nach Mobbingvorwürfen gegen die Verantwortlichen und anderer eher unschönen Auseinandersetzungen hatte ihn Schalke suspendiert. Nun ist der Mittelfeldspieler – auch mangels anderer ernstgemeinter Angebote – zu Crystal Palace gewechselt, zum blassen Elften der vergangenen PremierLeague-Saison. Der sich dann auch noch einen recht peinlichen fehler leistete: Zunächst veröffentlichte der Verein zur Verkündung des Transfers auf seiner Webseite ein Foto des aus Bösingen stammenden Nationalspielers Joshua Kimmich.
Weltklasse bei Palace dürfte immerhin Meyers Gehalt sein; wie die „Daily Mail“berichtet, soll er in London rund 190 000 Euro verdienen. Pro Woche. Damit würde er in die Top 20 in England aufsteigen.
Auch Schürrle hat es nach England gezogen. Der Weltmeister von 2014 ist von Dortmund zum FC Fulham gewechselt, gerade erst wieder aufgestiegen. Höwedes, einst Meyers Teamkollege bei Schalke, wechselte in die international bedeutungslose russische Liga zu Meister Lokomotive Moskau, der immerhin in der Champions League spielt.
Die Transfers zeigten, „dass man sich auf dem verführerischen neuen Markt auch verlaufen kann“, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“. Aus dem WM-Kader wird nur Bayerns Verteidiger Jérôme Boateng bei Topclubs wie Paris St. Germain gehandelt.