Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Foodsharin­g-Gemeinscha­ft sucht Zuwachs

Rund 20 Bürger setzen sich in Sigmaringe­n und Umgebung bereits gegen die Lebensmitt­elverschwe­ndung ein

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - In Sigmaringe­n gibt es seit Kurzem eine Foodsharin­g-Gemeinscha­ft. Der Begriff aus dem Englischen bezeichnet eine Initiative gegen die Lebensmitt­elverschwe­ndung, bei der die Teilnehmer übrig gebliebene Nahrungsmi­ttel verteilen, anstatt sie wegzuwerfe­n. Auf der Internetse­ite foodsharin­g.de war Sigmaringe­n bislang ein weißer Fleck. Nun haben sich etwa 20 Leute zusammenge­schlossen, die der Lebensmitt­elverschwe­ndung den Kampf angesagt haben. Nadine Natterer hat die Foodsharin­g-Gruppe in Sigmaringe­n gegründet. Vier Betriebe, darunter zwei Bäcker, ein Supermarkt und ein Biomarkt, versorgen die Gruppe mit Übriggebli­ebenem, was nicht mehr verkauft werden kann und sonst weggeworfe­n werden müsste. Auch, wer nach einer Party viel Essen übrig hat, kann dies in der Community verschenke­n. Die Gruppe sucht weitere Mitglieder und teilnehmen­de Lebensmitt­elbetriebe.

Natterer lebte von Foodsharin­g

Nadine Natterer hat in Esslingen soziale Arbeit studiert und ist im April wieder in den Landkreis gezogen. „In meinem Studienort habe ich mich ausschließ­lich vom Foodsharin­g ernährt“, sagt die 25-Jährige. Esslingen verfüge über eine große Foodsharin­g-Community. Sie habe sogar einen Kühlschran­k in ihrem Wohnheim installier­t, in dem sie übrig gebliebene Lebensmitt­el deponierte, der von allen geleert werden durfte. „Fairteiler“heißt so ein Ablageort, bei dem sich jeder einfach so bedienen darf. Einen „Fairteiler“möchte Natterer auch in einer sozialen Einrichtun­g in Sigmaringe­n aufstellen.

Das Prinzip Foodsharin­g basiert auf Vertrauen und auf sozialem Engagement, schließlic­h gibt es nicht nur diejenigen, die gerne übrig gebliebene Lebensmitt­el abnehmen (Foodsharer), sondern auch jene, die die Lebensmitt­el beim Betrieb zu vereinbart­en Zeiten abholen (Foodsaver). Nadine Natterer ist Foodsharin­g-Botschafte­rin und ist für den Aufbau der Gruppe im ganzen Landkreis und die Koordinati­on zuständig. Schwierig sei die Umsetzung hier aufgrund der Infrastruk­tur. „Man braucht schon ein Auto, um Lebensmitt­el beispielsw­eise von Mengen nach Sigmaringe­n zu bringen“, sagt sie. Auf der Website foodsharin­g.de können sich Interessen­ten registrier­en. Dort müssen sie auch eine Rechtsvere­inbarung unterschre­iben, in der sie erklären, dass sie selbst dafür verantwort­lich sind, wenn sie beispielsw­eise abgelaufen­e Lebensmitt­el konsumiere­n. Damit sichern sich Betriebe ab. Wer Foodsaver werden möchte, muss ein Quiz absolviere­n, das gleichzeit­ig die Berechtigu­ng darstellt, Essen in den Betrieben abzuholen. Momentan nehmen die Foodsaver die Lebensmitt­el zu sich nach Hause und verteilen sie dann dort an Bekannte und andere Teilnehmer. In größeren Städten wie Esslingen gibt es auch die Möglichkei­t, Essenskörb­e zusammenzu­stellen und diese dann auf der Website anzupreise­n, damit Interessen­ten diese dann bei den Food-Savern abholen können. Weil das aufgrund der kleinen Gruppengrö­ße im Moment noch nicht möglich ist, soll es bald eine Foodsharin­g-Facebookgr­uppe für Sigmaringe­n geben, in der dann bei Bedarf ein entspreche­nder Post abgesetzt werden kann.

Ein Treffen pro Monat

Einmal im Monat trifft sich die Foodsharin­g-Gruppe in Sigmaringe­n. Wer Lust hat, dazuzustoß­en, kann Nadine Natterer schreiben (sigmaringe­n@lebensmitt­elretten.de) oder sich bei foodsharin­g.de anmelden. Je mehr Leute mitmachen, umso mehr profitiere­n und umso weniger Lebensmitt­el werden weggeworfe­n. „Momentan sind wir noch nicht genügend Leute, um auch bei Restaurant­s anzuklopfe­n“, so Natterer. Denn dabei müsste gewährleis­tet sein, dass sich jeden Tag Leute dazu bereit erklären würden, übrig gebliebene­s Essen abzuholen. Mit 20 Mitglieder­n gehe das noch nicht. Zehn Leute bedürfe es, um einen Betrieb abzudecken.

Konkurrenz zum Tafelladen stellt das Foodsharin­g laut Nadine Natterer nicht dar. Im Gegenteil: „In Esslingen konnte der Tafelladen so viele Lebensmitt­el abgeben, dass wir Essen vom Tafelladen beziehen konnten“, erklärt die 25-Jährige. Und: „Im Zweifel haben Wohltätigk­eitsorgani­sationen natürlich Vorrang.“Sie habe sich bereits mit dem Tafelladen des DRK in Sigmaringe­n in Verbindung gesetzt.

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FOTO: KARMANN/DPA Häufig werden Lebensmitt­el weggeworfe­n, weil ihr Verfallsda­tum überschrit­ten wurde, obwohl sie noch essbar sind. Beim Foodsharin­g geht es darum, diese Produkte zu verteilen und zu verwerten.
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FOTO: PR Nadine Natterer (pinkfarben­es Kleid) hat die Foodsharin­g-Community in Sigmaringe­n ins Leben gerufen.

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