Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Von Scheer auf die Bühnen Deutschlands
Caroline Wocher macht als Musicaldarstellerin Karriere – Jetzt lebt sie am Bodensee
SCHEER - Schon als sie ein kleines Mädchen war, wollte Caroline Wocher Tänzerin werden. Damals hieß sie mit Nachnamen noch Will, lebte in Scheer und nahm Tanzstunden in der Ballettschule Orban in Sigmaringen. „Tanzen war einfach schon immer meine Leidenschaft“, sagt die
40-Jährige heute. „Mir war aber auch immer klar, dass ich zuerst Abitur machen muss, so vernünftig war ich zum Glück.“
Doch das Tanzgeschäft ist ein hartes Geschäft. Nach dem Abitur an der Liebfrauenschule Sigmaringen ist sie
19 Jahre alt und damit eigentlich schon zu alt für eine Tanzkarriere. Ihren Traum aufgeben will Wocher deshalb aber nicht. Während sie Abitur macht, informiert sie sich über Möglichkeiten, telefoniert mit Schauspielschulen, schreibt Briefe an Tanzakademien. „Das war gar nicht so einfach“, erzählt sie, „Internet gab’s damals ja noch nicht“.
An der Ulmer Akademie der darstellenden Künste lässt sie sich schließlich zur Schauspielerin ausbilden. Dort lernt sie Atemtechniken, singt im Chor, bekommt Unterricht in Fächern wie Improvisation, Akrobatik – und natürlich Tanz, wenn auch für Wochers Geschmack nicht genug: „Ich wollte noch mehr tanzen“, sagt Wocher. Nach zweieinhalb Jahren in Ulm bewirbt sie sich erfolgreich an der Stella Academy in Hamburg. Sie bricht die Ausbildung in Ulm ab, zieht nach Hamburg und lässt sich dort zur Musical-Darstellerin ausbilden. Nebenbei arbeitet sie in der Gastronomie, verdient aber schon bald ihr Geld mit Tanz-Engagements, Anstellungen im Operettenhaus und in dem berühmten Hamburger Theater Schmidts Tivoli.
Wocher blickt gerne auf diese turbulente Zeit zurück, auch wenn der Konkurrenzdruck unter den Künstlern damals hoch war. „Es gab so viele gute Tänzer. Manchmal wurde man abgelehnt, einfach weil man zu klein, zu alt oder zu jung war“, erzählt sie. Für freie Rollen habe es schnell mal 500 Bewerber gegeben. „Das ist schon nicht einfach“, sagt sie, „auch persönlich, im Freundeskreis zum Beispiel.“Wenn man selbst ein Engagement bekommt und die Freundin vielleicht nicht, „dann sind damit auch mal Freundschaften zu Bruch gegangen.“
Ausgleich findet Wocher schon damals in Langenargen. Ihre Eltern sind inzwischen von Scheer dorthin gezogen und, wann immer Wocher kein Engagement hat, hilft sie im örtlichen Hotel Seeperle aus, arbeitet dort als Zimmermädchen oder als Servicekraft. „Ich habe viel Zeit in Langenargen verbracht und irgendwann habe ich gemerkt, dass ich mich dort zu Hause fühle – mehr als in Hamburg.“
Als sie sich dann auch noch in ihren späteren Ehemann Roman verliebt, bricht sie ihre Zelte in Hamburg ab und zieht an den Bodensee. 2005 heiraten die beiden, mittlerweile gehören auch drei Kinder zur Familie. Gemeinsam leitet das Paar inzwischen das Hotel Seeperle in Langenargen. 60 Betten bedeuten für Caroline Wocher ein ganz neues Leben. Doch trotz der Verantwortung hat Wocher sich nie ganz von der Bühne verabschiedet. Sie moderiert Veranstaltungen in der Region und fährt auch mal für einen Drehtag zur ZDFArztserie „Dr. Klein“. „Das ist natürlich alles nicht mehr so einfach mit der Familie und der Verantwortung im Hotel“, sagt sie, „aber ich bin glücklich hier.“
Als Wocher im Jahr 2015 davon hört, dass ein Profitheater nach Langenargen kommen soll, traut sie ihren Ohren nicht. „Ich hab den Verantwortlichen sofort meine Hilfe bei der Organisation angeboten“, erzählt sie, „aber die haben erstmal abgelehnt.“Zwei Tage später habe sie dann doch einen Anruf vom Intendanten bekommen, der sie an Bord geholt hat.
Mehr als zwei Jahre lang arbeitet das Team um Wocher am Konzept für die Langenargener Festspiele, in diesem Jahr stehen die ersten Aufführungen an. Die Nachfrage nach dem Familientheaterstück „Der Räuber Hotzenplotz“ist riesig. Es muss sogar eine Sondervorführung organisiert werden. Ab dem kommenden Jahr ist auch ein Abendstück für Erwachsene geplant. Caroline Wocher ist dabei als erste Vorsitzende des Langenargener Festspielvereins für die Gespräche mit der Gemeinde zuständig und bei jeder Vorstellung als Ansprechpartnerin vor Ort.
Als Schauspielerin mitwirken kann sie zeitlich nicht. „Aber ich bin hier in Langenargen einfach mittlerweile gut verwurzelt und kann das Projekt mit meiner Erfahrung unterstützen. Für mich ist das eine perfekte Kombination.“Und auf der Bühne steht sie trotzdem: Immer dann, wenn sie die Gäste an der Langenargener Musikmuschel begrüßt.