Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Niemand kennt Rosna so gut wie Josef Kugler
In seinem Privatarchiv sammelt der Ortschronist seit 40 Jahren alle Informationen zu seinem Heimatort
ROSNA - Niemand kennt sich im Mengener Ortsteils Rosna so gut aus wie Josef Kugler. Er kennt die Geschichte jedes älteren Hauses und jedes Vereins im Ort. „Nachdem ich einmal begonnen hatte, mich mit der Historie von Rosna zu beschäftigen, hat mich die Leidenschaft dafür nicht mehr losgelassen“, sagt der 65Jährige. In den vergangenen rund 40 Jahren hat er so viele Zeitungsartikel, Dokumente, Unterlagen und Bilder gesammelt, dass mittlerweile auch viele Auswärtige gern auf sein Privatarchiv zurückgreifen oder sich von ihm Ratschläge zur Erstellung einer Ortschronik holen möchten.
Dabei ist es eher ein Zufall gewesen, der Kugler zum Ortschronisten gemacht hat. „Ich habe 1977 überraschend den Vorsitz des Musikvereins übernommen, weil mein Vorgänger schwer erkrankt ist“, erinnert er sich. „Das Fest zum 75-jährigen Bestehen des Vereins stand 1979 an und alle waren sich einig, dass man bis dahin eine Vereinschronik vorweisen müsse.“So begannen Kuglers erste Besuche im Gemeinde- und Stadtarchiv. „Ich habe alte Zeitungen durchgesehen und mich bei langjährigen Mitgliedern umgehört“, sagt er. Sogar ein Gründungsmitglied sei noch aktiver Musiker gewesen, sodass er am Ende mehr als genug Informationen und Bilder für eine Festschrift zusammen hatte.
Vier Jahrzehnte und viele Veröffentlichungen – darunter ein Heft zur Geschichte der Michaelskapelle, ein Artikel zum Leben und Wirken von Benedikt Hänggi und eine Schrift zu 100 Jahren Benediktinerabtei in Habsthal – später hat Kugler seine Chronistentätigkeit perfektioniert und sein Archiv so strukturiert, dass er mit wenigen Handgriffen auf alle Dokumente zugreifen kann.
Diese füllen mittlerweile ein ganzes Zimmer in der ersten Etage sei- nes Hauses in Rosna. „Als wir uns vor sechs Jahren entschieden haben, zu bauen, haben wir das Archiv natürlich mit eingeplant.“Die Statik berücksichtigt, dass in mehreren Stahlregalen unzählige Leitz-Ordner und Kartons mit Zeitungsseiten, Festschriften, kopierten Dokumenten und Artikeln, Landkarten und Bildern stehen. „Da kommt schon einiges an Gewicht zusammen“, sagt Kugler. Gewissenhaft und mit viel Geduld hat Josef Kugler schon fast alle Dokumente katalogisiert. Vieles besitzt er auch in digitaler Form auf mehreren Festplatten. „Wenn ich etwas Bestimmtes suche, kann ich Schlagwörter in meinen Computer eingeben und der spuckt mir sofort aus, welche Zeitungsartikel ich aus welchem Jahr besitze und welche Person wo erwähnt wird.“Dann kann er den entsprechenden
Ordner aus dem Regal ziehen. Jeden Sonntagvormittag geht er die „Schwäbische Zeitung“durch und heftet relevante Artikel ab und sortiert neu hereingekommenes Material. sagt Rosnas Ortschronist Josef Kugler.
Sein bisheriges Meisterwerk ist laut eigenen Aussagen die Ortschronik, die er zur 800-Jahr-Feier in Rosna im Jahr 2009 erstellt hat. „Insgesamt habe ich da rund zehn Jahre dran recherchiert und gearbeitet“, sagt er. Besuche im Staatsarchiv und im Landesarchiv hätten da genauso dazu gehört wie Hausbesuche in Rosna. „Mein Ziel war es, über jedes Haus, das noch steht und vor 1950 gebaut worden ist, alle Informationen zusammenzutragen“, sagt er. Mit seinem jüngsten Bruder Klaus Kugler, der übrigens ähnlich veranlagt ist und eine Familienchronik der Kuglers erstellt hat, stellte er zwei Ausstellungen auf die Beine und motivierte die Menschen aus Rosna, ihm bei der Recherche zu helfen. „Viele waren ganz überrascht, was ich über ihre Häuser schon in Erfahrung gebracht hatte“, erinnert er sich.
Oft bräuchten die Menschen einen Anstoß von außen, um zu merken, wie wertvoll alte Dokumente, Niederschriften oder Fotos sind, die sie noch in irgendeinem Winkel bei sich zu Hause haben. „Es ist schade, dass es die blaue Tonne gibt. Da schmeißen viele Leute Unterlagen weg, die für den Ort von großem Wert wären“, sagt er. Deshalb gehöre es für ihn als Ortschronisten auch dazu, dem Papierkorb zuvorzukom- men. „Ich bin auch ein Stückchen Hausierer und komme vorbei, wenn jemand aus dem Ort gestorben ist, von dem ich vermute, dass er noch Unterlagen besessen hat“, gibt er zu. Dabei müsse man natürlich behutsam vorgehen. „Aber man kennt mich im Ort und hat Vertrauen zu mir“, sagt er. Schließlich wüssten die Leute, dass ihre Dokumente bei ihm gut aufgehoben seien und vielleicht in einer der nächsten Veröffentlichungen oder Ausstellungen einen besonderen Platz zugewiesen bekämen.
Gerade arbeitet Kugler übrigens mit einem kleinen Team an der Ortschronik von Einhart. „Das ist schwieriger, weil ich da nicht so viele Leute kenne und nur zwei Jahre Zeit habe“, sagt er. „Ich habe schon viele spannende Dinge gefunden, aber Fotomaterial können wir noch gut gebrauchen.“
Immer öfter wird er auch kontaktiert, wenn Menschen ihren eigenen Stammbaum recherchieren und feststellen, dass jemand vor fünf Generationen einmal in Rosna gelebt hat. „Denen kann ich dann oft mit meinem Personenregister weiterhelfen“, sagt Kugler. Zuletzt sei da beispielsweise eine Anfrage aus New Jersey gekommen.
„Es ist schade, dass es die blaue Tonne gibt. Da schmeißen viele Leute Unterlagen weg, die für den Ort von großem Wert wären“,