Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Wenn Bodenseeschiffe im Ried stranden
Künstler des Austauschprogramms „Salem2Salem“besuchen die „Neue Kunst am Ried“
WALD-RUHESTETTEN - Zu Beginn der dritten Woche des deutsch-amerikanischen Künstleraustauschs „Salem2Salem“haben sich die Künstler in den nördlich angrenzenden Landkreis Sigmaringen aufgemacht, um dort den Skulpturenpark „Neue Kunst am Ried“zu besuchen. Cornelius und Susanne Hackenbracht legten vor 20 Jahren hier einen Ort an, der Kunst und Natur, Mensch und Tier, aber auch Baubotanik zu einem Kulturwerk der besonderen Art zusammenbringt.
Schon ganz früh gehörte der Skulpturenpark mit Kunstateliers „Neue Kunst am Ried“beim Künstleraustausch „Salem2Salem“zum „Point of Interest“, einem Ort des besonderen Interesses. Zum vierten Mal, so Kulturamtsleiter des Bodenseekreises Stefan Feucht, besuchen die Teilnehmer die Hackenbrachts: „Das ist ein außergewöhnlicher Ort mit engagierten Künstlern, so etwas findet man nicht so oft.“Und während der deutsche Wirkungsort Salem am Bodensee eher an Versailles erinnert, so der amerikanische Mitbegründer des Projekts, Anthony Cafritz, in einem Zeitungsartikel vom letzten Jahr in Salem im Staat New York, passt der Skulpturenpark im Ried bestens zum amerikanischen Aufenthalt. Jenny Hillenbrand vertritt in diesem Jahr Cafritz von „Salem Art Work“und konnte die Ähnlichkeit mit dem amerikanischen Salem bestätigen.
Das Künstler-Duo Hackenbracht führte die Gäste zu einem riesigen Tisch, an dem es später selbstgemachten Kuchen gab. Steinbildhauer Cornelius Hackenbracht hat das Nützliche mit dem Schönen verbunden und die Tischplatten aus einem Steinblock gesägt. Der Platz ist eingerahmt von jungen Platanen, die angenehm Schatten spenden und ein natürliches Dach bilden. Zunächst führten sie die amerikanischen und deutschen Kollegen aller Kunstrichtungen über das acht Hektar große Gelände. Zurzeit sind neben der Dauerausstellung zusätzliche Kunstwerke der „Experimentellen“, ein länderübergreifendes Großprojekt mit insgesamt 80 Künstlern an verschiedenen Orten, zu sehen. Begleitet wurden die Besucher von Eseln, die sich gerne streicheln ließen. Eine kleine Herde Schafe suchte eher den Schatten und das Weite. Susanne Hackenbracht erklärt: „Die Tiere pflegen das Gelände.“
Natur und Kunst gehören für die beiden ganz eng zusammen. So gruben sie einen künstlichen Krater, der von Bäumen umsäumt ist. Wenn man in diesem Krater liege, höre man absolut keine fremden Geräusche und es sei der schönste Platz, um bei sternklarer Nacht den Himmel anzuschauen. Sie binden auch Findlinge aus der Region in ihren Park ein. So ein 28 Tonnen schweres Prachtstück steht direkt neben dem Hauseingang und gehört zum Findlingspfad. In der Scheune zeigte Susanne Hackenbracht ihr Malatelier mit Ausstellungsstücken. Die Schmiedewerkstatt nutzen beide für ihre Arbeit. Cornelius Hackenbracht erklärte den von ihm auf Metall übertragenen und ausgestanzten Sankt Galler Klosterplan aus dem Jahr 826. Anlass hierfür war die Realisierung von „Campus Galli“bei Meßkirch. Der Prototyp des runden Metallobjekts mit maßstabsgetreuem Plan steht im Garten hinter dem Wohnhaus.
Auf der anderen Seite des Weges konnten die Gäste über die Brücke des mit der Universität Stuttgart und später der Universität München durchgeführten Baubotanik-Projekts gehen. Das Forschungsprojekt entstand im Team mit Ferdinand Ludwig und dient der Forschung mit Naturmaterialien. Dazwischen befindet sich ein auffälliges Kunstprojekt von Susanne Hackenbracht und Johanna Knöpfle. „Utopischer Saft“nennen die zwei Frauen ihre Symbiose von Fischerboot, Kuhtränken und Schläuchen, die wie vieles auf dem Gelände beim Betrachten zum Austausch über Ideen und Kunst zum Gespräch Anlass gab.
Tobias Kammerer, Kunstschaffender aus dem Landkreis Rottweil, zeigte sich wie die anderen beeindruckt von der von Co-Kurator Gunar Seitz organisierten Exkursion: „So ein Projekt ist ein großer Gewinn für die ganze Umgebung, es ist aber auch toll, dass es anderen Künstlern eine Plattform gibt.“