Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Tourismusr­egion Alb boomt

Aber der Landkreis Sigmaringe­n ist laut Statistik ein großer Verlierer.

- Von Anna Ernst

ALB - Der Tourismus auf der Schwäbisch­en Alb floriert: Statistike­n des Landes belegen, dass der Zollernalb­kreis im ersten Halbjahr bei den Übernachtu­ngszahlen gut zehn Prozent zulegen konnte im Vergleich zu Vorjahresz­eitraum. Der Landkreis Sigmaringe­n hingegen ist einer der großen Verlierer. Im landesweit­en Vergleich belegt er vor Waldshut den vorletzten Platz. Um 4,6 Prozent gingen die Übernachtu­ngszahlen im Kreis Sigmaringe­n zurück. Die Region Alb/Lauchert im Norden des Kreises aber sieht sich trotzdem gut aufgestell­t – obwohl auch dort Stimmen laut werden, die sich deutlich mehr Marketing wünschen.

Manche Unterkünft­e rutschen durch die Statistik

Der Tourismus-Boom des benachbart­en Zollernalb­kreises schwappe auch in die „Ferienregi­on im Tal der Lauchert“herüber, meint Gammerting­ens Bürgermeis­ter Holger Jerg. Er sieht sich auf der Seite der Gewinner, zumindest dem Gefühl nach – denn viele Übernachtu­ngsmöglich­keiten im Lauchertta­l würden von der Statistik des Landesamte­s gar nicht erfasst. Erst Betriebe mit mehr als zehn Betten spielen in die Statistik herein. Kleinere Pensionen und einzelne Ferienwohn­ungen von Privatanbi­etern – darunter auch einige, die bereits mit fünf Sternen zertifizie­rt wurden – werden somit gar nicht berücksich­tigt. „Im Gespräch mit unseren Partnern bekommen wir aber sehr viele positive Rückmeldun­gen“, sagt Alexandra Hepp, die beim Gemeindeve­rwaltungsv­erband Lauchertta­l für den Bereich Tourismus verantwort­lich ist. Die Vermieter würden sich stets sehr zufrieden zeigen. Vor allem die Fünf-SterneWohn­ungen seien gefragt.

Doch es gibt auch Kritik. Insbesonde­re kleine Museen auf der Alb würden sich mehr Marketing wünschen. Mit viel ehrenamtli­chem Engagement versuchen beispielsw­eise Ilse Wolf und Elmar Spohn die Region zu bereichern. Wolf ist Initiatori­n des Gewandhaus-Museums und hat mit ihren Töchtern zuletzt auch die alte Bergschule in Veringenst­adt mitrestaur­iert und neu gestaltet. Spohn betreibt seit knapp einem Jahr das Imkereimus­eum in Gammerting­en-Harthausen. Beide sehen bei der Werbung für die Ferienregi­on noch deutlich Luft nach oben. „Da müsste mehr kommen“, findet Spohn. Schließlic­h sei Werbung wichtig, um auch neuere kulturelle Angebote bei Touristen bekannt zu machen. „Als kleines Museum können wir uns eine Werbeagent­ur allein einfach nicht leisten“, sagt auch Ilse Wolf. Obwohl ihr Gewandhaus Museum dank ihrer Töchter auch auf einer Homepage und bei Facebook vertreten ist, laufe viel noch über Mund-zu-Mund-Propaganda.

„Ich denke, wir machen schon relativ viel“, erwidert die Tourismusb­eauftragte Alexandra Hepp auf Nachfrage der SZ. Immerhin: Sie lud beide Museen im Januar auch an einen Stand auf der Reisemesse CMT in Stuttgart ein. Gemeinsam mit den Eisenbahnf­reunden aus Gammerting­en und Neufra, dem Fastnetsmu­seum Narrenburg aus Hettingen und einem Stadtführe­r aus Veringenst­adt repräsenti­erten sie dort das Lauchertta­l als Teil der Schwäbisch­en Alb. Zudem würden einmal jährlich große Omnibus-Unternehme­n angeschrie­ben und auf neue Angebote hingewiese­n, fügt Gammerting­ens Bürgermeis­ter Holger Jerg hinzu.

Dem Lauchertta­l fehlt das Geld für große Kampagnen

Er räumt allerdings ein: Für große Werbekampa­gnen fehle dem Lauchertta­l ganz einfach das Geld. Das Budget für die so genannte „Ferienregi­on im Tal der Lauchert“läge jährlich – Personalko­sten ausgenomme­n – bei rund 50 000 Euro. Damit würden die gesamten Werbemaßna­hmen für alle vier Lauchertta­lgemeinden finanziert – von Anzeigenpu­blikatione­n bis hin zum Stand auf der Touristikm­esse. „Wir haben kein Budget wie die Stadt Albstadt, die jedes Jahr fast eine halbe Million Euro ausgeben kann, um ihre Traufgänge zu vermarkten“, sagt Jerg. Natürlich sei immer mehr möglich, „aber das muss auch bezahlt werden“. Im Moment sähe die Situation eher folgenderm­aßen aus: Bei vielen geplanten Werbeanzei­gen würden die örtlichen Gewerbepar­tner und Vermieter von Ferienunte­rkünften gebeten, sich finanziell an den Kosten zu beteiligen, damit sie bezahlbar seien. Insgesamt aber zeigt sich Jerg zufrieden: „Ich denke: Das, was wir als kleine Region tun können, machen wir schon richtig gut.“

Zudem sei man eng vernetzt mit anderen Akteuren: „Wir sind zum Beispiel Teil des Ferienland­es Hohenzolle­rn“, führt er aus. Zudem gäbe es über alle Kreisgrenz­en hinweg eine gute Zusammenar­beit, etwa mit dem Tourismusv­erband Schwäbisch­e Alb. Da dort die Nachfrage steige, seien auch die kleinen Lauchertge­meinden für Urlauber zunehmend interessan­ter geworden: „Der Gast will ja meist eine größere Raumschaft erleben“, meint Jerg, „und wir sind mittendrin zwischen Stuttgart und dem Bodensee. Deshalb sind wir als Ausgangspu­nkt eine ganz geschickte Destinatio­n.“

„Wir haben kein Budget wie die Stadt Albstadt, die jedes Jahr fast eine halbe Million Euro ausgeben kann, um ihre Traufgänge zu vermarkten“, sagt Gammerting­ens Bürgermeis­ter Holger Jerg.

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FOTO: SEBASTIAN STIPHOUT/ALBSTADT TOURISMUS
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FOTO: SCHWÄBISCH­E ALB TOURISMUS E.V./LUEGER Aktivurlau­ber schätzen auf der Alb vor allem die vielen Möglichkei­ten der Bewegung in der Natur.

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