Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Palmer und Arnold fordern „doppelten Spurwechsel“
Stadtoberhäupter wollen Asylbewerbern mit Arbeit Zukunft bieten und Straffällige gesondert unterbringen
STUTTGART - Sie ziehen wieder an einem Strang: Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer und sein CDU-Kollege Richard Arnold aus Schwäbisch Gmünd bringen sich mit einem gemeinsamen Papier in die Diskussion um ein Einwanderungsgesetz ein. „Wir schieben oft die Falschen ab“, erklären sie. Ihre Forderungen: Arbeitende Asylbewerber sollen bleiben dürfen, Straftäter sollen zurück in Sammelunterkünfte des Landes, und bei der Entscheidung über Abschiebungen sollen die Kommunen mitreden.
Der letzte Punkt ist nicht neu. Bereits im Februar 2017 hatte Palmer für die Kommunen ein Mitspracherecht bei Abschiebungen gefordert. „Wir wissen mehr über die Leute und man sollte uns fragen“, hatte er der „Schwäbischen Zeitung“gesagt. Arnold hatte sich damals ähnlich geäußert. Innenminister Thomas Strobl (CDU) lehnte ihre Forderungen ab. Sei die Entscheidung zur Abschiebung einmal rechtskräftig, habe das Land keinen Ermessensspielraum mehr, wen es abschiebe, hatte ein Ministeriumssprecher damals gesagt.
Mit ihrem Papier vom Mittwoch frischen Palmer und Arnold diese Forderung auf. Schließlich wüssten kommunale Verwaltungen, Nachbarn, Unternehmer und Ehrenamtliche mehr über die jeweilige Person als eine ferne Behörde. „Wir halten daher zumindest ein Antragsrecht auf Spurwechsel in beide Richtungen für die Kommunen für notwendig“, erklären die Oberbürgermeister.
Ihre Forderung nach einem doppelten Spurwechsel betrifft gut integrierte, arbeitende Flüchtlinge, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen und Deutsch sprechen. Sie sollten bleiben dürfen, auch wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Diese Forderung wird derzeit bundesweit diskutiert, nachdem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Eckpunkte für ein Einwanderungsgesetz vorgelegt hat. SPD und Grüne sind dafür, viele Unternehmer machen sich dafür stark. Die Union ist indes gespalten. CDU-Politiker wie Südwest-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut sind für ein Bleiberecht für arbeitende Flüchtlinge. Andere argumentieren indes, es sollen keine Fluchtanreize geschaffen und die manch illegale Einwanderung der vergangenen Jahre nicht nachträglich legalisiert werden.
Zu den Kritikern gehört auch Innenminister und CDU-Bundesvize Thomas Strobl. Die Einwände nennen Palmer und Arnold zwar berechtigt. Es müsse aber eine Lösung für die gefunden werden, die zwischen 2014 und dem 1. Januar 2018 gekommen seien.
Die Oberbürgermeister fordern einen Spurwechsel auch in anderer Richtung: Straffällige Asylbewerber ohne Zukunft in Deutschland sollten raus aus den Kommunen und zurück in Sammelunterkünfte des Landes.