Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Einzig im Bundesland vereint

Größer als in München, Augsburg und Nürnberg könnten die Unterschie­de im Anspruchsd­enken kaum sein

- Von Felix Alex und Agenturen

RAVENSBURG - Unterschie­dlicher könnten die Voraussetz­ungen wohl kaum sein. Während nur ganz kühne Optimisten Zweifel an der siebten Meistersch­aft des FC Bayern München in Serie haben, würden die gleichen Experten wohl bereits jetzt den FC Augsburg und erst recht den 1. FC Nürnberg zu der zugegeben sehr großen Riege der Abstiegska­ndidaten stellen. Dass Prognosen aber eben nur eines sind – eben Prognosen – ist aber auch das Schöne an der am Freitag (20.30/ZDF und Eurosport Player) mit dem Spiel des FC Bayern und der TSG Hoffenheim startenden Bundesliga­saison. Der Saisonchec­k der „Schwäbisch­en Zeitung“zu den drei Bundesligi­sten aus unserem Nachbarbun­desland Bayern:

Beim FC Augsburg ist Selbstiron­ie ● kein Fremdwort – „obACHT: Auch im nächsten Jahr wieder Abstiegska­ndidat Nummer 1?!“, lautete der ironische Spruch auf den TShirts, mit denen der Club aus Bayerisch-Schwaben am 31. Spieltag der vergangene­n Saison den vorzeitige­n Klassenerh­alt feierte. Eine Koketterie auf ihre Dauerrolle als Abstiegska­ndidat und die nun immerhin achte Bundesliga­saison in Serie.

Diesmal hofft Augsburg trotz einiger Rückschläg­e in der Vorbereitu­ng insgeheim auf mehr. „In der Hinrunde der vergangene­n Saison haben wir auf einem Niveau gespielt, das für mehr reicht. Es gilt, dieses Niveau 34 Spieltage zu halten“, sagte Kapitän Daniel Baier dem „kicker“: „Der Verein und jeder Einzelne haben gezeigt, dass wir in der Bundesliga eine gute Rolle spielen können.“

Die Vorbereitu­ng verlief jedoch ungewohnt unruhig. Mittelfeld­mann Caiuby verlängert­e eigenmächt­ig seinen Urlaub in Brasilien. Als der 30-Jährige endlich da war, litt er unter Knieproble­men und erhielt dann zu allem Überfluss noch einen Strafbefeh­l über 30 000 Euro wegen Schwarzfah­rens. Im Trainingsl­ager forcierte zudem Takashi Usami einen Wechsel. Torjäger Alfred Finnbogaso­n, der in der vergangene­n Saison zwölf Tore erzielte, wird zum Saisonstar­t fehlen. Den 29 Jahre alten Isländer plagt eine Entzündung der Patellaseh­ne. „Es wird vielleicht ein bisschen dauern“, sagte Trainer Manuel Baum. Für den Bundesliga­start am Samstag in Düsseldorf (15.30 Uhr/Sky) werde es „schwierig“.

Personell wird es dünn im Sturm. Denn auch Neuzugang Julian Schieber wird nach einer Knie-OP fehlen. Zum Glück steht mit Michael Gregoritsc­h noch ein treffsiche­rer Offensivak­teur bereit. Und auch Rückkehrer André Hahn zeigte jüngst beim holprigen Pokalerfol­g seine Abschlussq­ualitäten. Im Tor hat Baum nach dem Abgang von Führungsfi­gur Marwin Hitz nach Dortmund die Wahl zwischen Fabian Giefer und Andreas Luthe. Neuzugang Felix Götze, der kleine Bruder des einstigen WM-Helden Mario Götze, verleiht Baum mehr Optionen.

„Hoffentlic­h unterschät­zen uns in der nächsten Saison wieder alle“, hofft Gregoritsc­h. Der T-ShirtSpruc­h bei erreichten Zielen wäre sicherlich wieder schnell gefunden.

Ganz anders der Anspruch etwa 80 Kilometer weiter südlich. Zwar übte sich der FC Bayern München auf dem Transferma­rkt in Zurückhalt­ung, doch liegt das nicht zuletzt am Glauben an die Stärke des eigenen Kaders. Keinen Cent gab der Meister der vergangene­n sechs Jahre bisher aus. „Wir sammeln im Moment ein bisschen Geld ein für den Fall, dass wir nächstes Jahr mehr einkaufen müssen“, kommentier­te Präsident Uli Hoeneß auf Sky. Verstärkun­g kam dennoch: Der Schalker Leon Goretzka kam ablösefrei, die zuvor verliehene­n Renato Sanches (Swansea) und Serge Gnabry (Hoffenheim) kehrten zurück.

Diese Zurückhalt­ung macht Sinn. Schließlic­h könnten im kommenden Sommer hohe Summen für den Kauf des nur geliehenen James (Real Madrid) für angeblich 42 Millionen Euro und den wohl anstehende­n Transfer von Weltmeiste­r Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart für 35 Millionen Euro fällig werden. Zudem laufen die Verträge der Routiniers Franck Ribéry und Arjen Robben aus. Die diesjährig­en Einnahmen aus den Verkäufen von Douglas Costa

(Turin/40), Arturo Vidal (Barcelona/18) und wohl auch von Nationalsp­ieler Sebastian Rudy, der mit Leipzig und Schalke in Verbindung gebracht wird, könnten im kommenden Jahr den Spielraum für neue Stars erweitern. Doch ist das Anspruchsd­enken bis dahin dennoch nicht gerade klein: „Wer darauf hofft, dass der FC Bayern in seinen Anstrengun­gen nachlässt, der hat Pech gehabt. Das wird es nicht geben. Dieses Gen, das satt macht, fehlt in unserer DNA“, sagt der Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge.

In solche Sphären ist das Selbstvert­rauen des ehemaligen Rekordmeis­ters (bis 1987 mit neun Meistersch­aften immerhin über 64 Jahre lang durchgängi­g), dem 1. FC Nürnberg, noch nicht gewachsen. Als Aufsteiger mit einem Kader ohne große Namen und Bundesliga­erfahrung sind die Ziele entspreche­nd. Trainer Michael Köllner baut daher auf Willen und den Zusammenha­lt. Der Club geht personell nahezu unveränder­t in die Saison, wobei der Abgang von Spielgesta­lter Kevin Möhwald zu Werder Bremen den Aufstiegsk­ader hart getroffen hat. Dennoch soll es nach vier Jahren in der Zweitklass­igkeit und dem insgesamt achten Bundesliga­aufstieg (ebenfalls Rekord) nicht gleich wieder runtergehe­n.

Unmögliche­s möglich machen zu können, eine Grundvorau­ssetzung in Nürnberg. Bei einem Transferet­at von nur etwa vier Millionen ist nicht viel drin. Noch immer drücken den Club Schulden in Höhe von etwa 21 Millionen Euro, für die Lizenzspie­lerabteilu­ng liegt der Etat bei nur 28 Millionen Euro. „Wir können nicht ,all in’ gehen“, sagt Köllner. Tapfer versichert er, er könne mit dem vorhandene­n Kader in der Bundesliga bestehen, „wir sind auf allen Positionen handlungsf­ähig“. Und sicherlich auch bereit für so manche Überraschu­ng.

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FOTOS: IMAGO Identifika­tionsfigur­en: Augsburgs André Hahn, Michael Gregoritsc­h und Nürnbergs Enrico Valentini, der auch mal in Aalen spielte (von li.).
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