Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Ginczeks Abgang hinterläss­t Spuren“

Wieso Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld keine Gegner für den FC Bayern in der Bundesliga sieht

-

RAVENSBURG - Als Spieler war er in der Bundesliga nur eine Saison (1977/1978) beim VfB Stuttgart aktiv, doch als Trainer gewann Ottmar Hitzfeld mit Borussia Dortmund und dem FC Bayern München alles, was man gewinnen konnte. Patrick Strasser hat mit dem Lörracher vor dem Beginn der Bundesliga­saison gesprochen.

Herr Hitzfeld, der FC Bayern München hat sechs Meistersch­aften in Serie gewonnen. Sehen Sie aktuell irgendein Szenario, dass der Meister 2019 nicht wieder aus München kommt?

Nein, derzeit sehe ich keine Mannschaft, die an den FC Bayern herankommt. Aber ich möchte auch betonen, dass eine Meistersch­aft immer eine großartige Leistung ist, niemals ein Selbstläuf­er. Man muss stets hart dafür arbeiten, über eine gesamte Saison hinweg.

Ungewöhnli­ch für den FC Bayern ist, dass man keinen Cent an Ablöse für neue Superstars ausgegeben hat. Leon Goretzka kam ablösefrei vom FC Schalke, die Transfersu­mme für Serge Gnabry, der ein Jahr an die TSG Hoffenheim ausgeliehe­n war, hat man bereits im vergangene­n Sommer an den SV Werder überwiesen – und die zehn Millionen Euro für den erst 17-jährigen Alphonso Davies aus Vancouver werden erst im Januar fällig, wenn der Stürmer nach München kommt.

Für mich haben die Bayern mit Goretzka und Gnabry zwei hervorrage­nde Spieler geholt, die enorm wichtig sind, um den Konkurrenz­kampf zu schüren. Somit können die Spieler noch bessere Leistungen abrufen. Es geht nicht darum, ob man Geld ausgibt oder nicht – aber gar keinen Spieler vor einer Saison zu verpflicht­en, wäre nicht ideal.

Wer wird Zweiter hinter Bayern? Oder anders gefragt: Wer könnte dem Abo-Meister eventuell ein paar Sorgen bereiten?

Borussia Dortmund. Sie sind Bayerns stärkster Gegner, aber nicht auf Augenhöhe – noch nicht.

Der BVB erwächst wieder zu einem ernsthafte­n Konkurrent­en?

Die letzte Saison war für die Dortmunder enttäusche­nd. Trainer Peter Stöger hat es am Ende immerhin noch geschafft, dass man sich für die Champions League qualifizie­rt hat. Durch Transfers wie Axel Witsel oder Thomas Delaney hat man neue Konkurrenz­situatione­n geschaffen, sie bemühen sich ja darum, noch einen Mittelstür­mer zu holen. Für die Bundesliga wäre es wichtig und interessan­t, wenn der BVB weiter eine positive Entwicklun­g nimmt.

Was mit Lucien Favre zusammenhä­ngen könnte. Was halten Sie vom neuen Trainer des BVB, der nach seinen erfolgreic­hen Bundesliga-Stationen Hertha BSC und Mönchengla­dbach nun das Abenteuer Dortmund wagt?

Für mich ist Lucien der richtige Mann im richtigen Moment für den BVB. Er ist ein ausgewiese­ner Fachmann, das hat er auf all seinen Stationen bewiesen. Ein akribische­r Arbeiter, der die Dortmunder weiterentw­ickeln wird, um nach dem Jahr der Krise den Anschluss an die Bayern wiederherz­ustellen.

Und wer sichert sich die Tickets für die Champions League? Wen sehen Sie auf Rang drei und vier?

Von ihrem Potenzial her Leipzig und Schalke. Die Königsblau­en haben eine überragend­e Saison gespielt, sich mit Platz zwei belohnt. In meinen Augen haben sie mit Domenico Tedesco einen überragend­en Trainer. Die Leipziger haben im Übergangsj­ahr mit Ralf Rangnick einiges vor, sich mit technisch starken Spielern gut verstärkt.

Was halten Sie von der Variante, dass Sportdirek­tor Rangnick für eine Saison übernimmt ,bis Julian Nagelsmann, noch ein Jahr in Hoffenheim, ab Sommer 2019 übernimmt?

Es ist ungewöhnli­ch, einen Trainer so früh zu verpflicht­en. Aber es war eine kluge Entscheidu­ng, alles andere etwa mit einem externen Übergangst­rainer wäre komplizier­t und schwierig geworden.

Was erwarten Sie von der TSG Hoffenheim in der neuen Saison, in der man erstmals Champions League spielt?

Hoffenheim muss die richtigen Lehren aus dem enttäusche­nden Abschneide­n in der Europa League ziehen. Wenn es ihnen gelingt, mit einer besseren defensiven Ausrichtun­g und der nötigen Balance im offensiven Spiel zu agieren, können Sie mit ihrem spielerisc­hen Potenzial in der Champions League bestehen.

Kann der VfB Stuttgart seinen Höhenflug unter Trainer Tayfun Korkut fortsetzen?

Stuttgart startet mit einer großen Enttäuschu­ng in die Bundesliga­saison. Das Ausscheide­n gegen einen Drittligis­ten im DFB-Pokal muss schnellste­ns verarbeite­t und die Neuverpfli­chtungen rasch integriert werden. Der Abgang von Daniel Ginczek hinterläss­t Spuren. Trotzdem traue ich dem VfB einen Platz im gesicherte­n Mittelfeld zu.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Spielgesta­lter Daniel Didavi kehrte aus Wolfsburg zum VfB Stuttgart zurück, Stürmer Daniel Ginczek ging den umgekehrte­n Weg.
FOTO: IMAGO Spielgesta­lter Daniel Didavi kehrte aus Wolfsburg zum VfB Stuttgart zurück, Stürmer Daniel Ginczek ging den umgekehrte­n Weg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany