Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Störche lassen sich auf Kirchturm blicken
Die Storchenbeauftragte erklärt, warum es eine Chance für Horste in Sigmaringen gibt
SIGMARINGEN - Sigmaringen ist storchenfreie Zone. Und zwar seit vielen Jahren. In den vergangenen Tagen waren auf dem Turm der Kreuzkirche an der Binger Straße abends regelmäßig zwei Störche zu sehen. Ist das ein Indiz dafür, dass sich in Sigmaringen bald Störche ansiedeln? Könnte sein, sagt die Weißstorchbeauftragte des Regierungspräsidiums, Ute Reinhard, im Gespräch mit Michael Hescheler. „Die Population ist stark steigend, deshalb lassen sich Störche in Räumen nieder, die in der Vergangenheit nicht besiedelt wurden.“
Frau Reinhard, warum gibt es in Sigmaringen keine Störche?
Das hängt mit den Nahrungsgebieten zusammen. Zwischen Laiz und Sigmaringen gibt es kaum Wiesen. Nördlich von Sigmaringen in Richtung Laucherttal sieht das etwas anders aus, doch diese Wiesen sind zwischen Wäldern versteckt. Solche Futtergebiete nutzen Störche nicht so gerne.
Doch in Richtung Sigmaringendorf entlang der Donau gibt es doch Möglichkeiten zur Futtersuche.
Diese Wiesen werden vom Sig’dorfer Brutpaar genutzt, denke ich. Sie dulden wahrscheinlich keine weiteren Störche neben sich. Zwischen Scheer und Sig’dorf gab es im vergangenen Jahr sehr viel Zoff, weil sich die beiden Pärchen dort bei der Futtersuche beharkten.
Wie erklären Sie, dass sich auf dem Turmdach der Kreuzkirche zurzeit Störche niederlassen?
Dies hängt mit der Zugzeit zusammen, die bereits begonnen hat. Die ersten Störche sind schon in Richtung Spanien unterwegs. Nun treffen sie sich in Trupps, um die Reise gemeinsam zurückzulegen. Störche halten sich vor der Reise häufig im Umkreis von 50 Kilometern von dem Horst auf, in dem sie geboren wurden.
Auf dem Sigmaringer Schlossdach wurden vor einigen Jahren auch schon einmal Störche gesichtet. Allerdings zogen sie nach einigen Tagen wieder weiter. Was müsste passieren, damit Störche in Sigmaringen oder den Ortsteilen künftig einen Horst bauen?
Am besten man wartet ab. Die Population ist stark steigend, deshalb lassen sich Störche mehr und mehr in Räumen nieder, die in der Vergangenheit nicht besiedelt wurden. In Sigmaringen halte ich dies durchaus für möglich. Im Oberen Donautal dagegen weniger, denn diese Landschaft ist für Störche zu eng.
Was kann der Mensch tun, um die Ansiedlung des Storchs zu unterstützen?
Er kann Nahrungsgebiete optimieren. Möglichst wenig extensive Landwirtschaft, also großflächigen Ackerbau. Mais im großen Stil und Monokulturen generell bringen den Störchen nichts. Grünland dagegen schon. Deshalb ist es zum Beispiel wichtig, Wiesen nicht auf einen Schlag zu mähen.
Zuletzt ging es steil bergauf. Wie entwickelt sich die Storchenpopulation im Kreis Sigmaringen generell?
Im Vergleich zum Vorjahr steigt sie um zehn bis 15 Prozent. Im Kreis Sigmaringen waren es in diesem Jahr knapp 50 Brutpaare. Pro Paar haben im Schnitt 2,5 Jungstörche überlebt. Zusammen lebten im Kreis also mehr als 200 Störche. Spitzenreiter ist Bad Saulgau mit acht Paaren im Stadtgebiet ohne die Ortsteile.