Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sie weiß Kontonumme­rn auswendig

Monika Reif arbeitet knapp 48 Jahre für die Volksbank in Inneringen.

- Von Michael Hescheler

INNERINGEN - Als Monika Reif zur Raiffeisen­bank Inneringen kam, hieß sie noch nicht Reif und war 15 Jahre jung. Am 15. September 1970 war das, Monika Reif weiß das Datum noch genau. Ein Vorstellun­gsgespräch gab es damals keines und Monika Reif schrieb auch keine Bewerbung. Ihr Vater hat ihr die Lehrstelle im damaligen Gasthaus zum Kreuz im Nachbardor­f Hochberg vermittelt, weil er den Chefbanker gut kannte. „Er hat das in der Wirtschaft klar gemacht“, sagt die 63-Jährige.

48 Jahre später steht Monika Reif an der Schwelle zum Ruhestand. Vor allem die Kunden aus Inneringen werden sie vermissen, denn beinahe ihr ganzes Berufslebe­n arbeitete sie in Inneringen. Wäre die Filiale vor einem Jahr nicht geschlosse­n worden, hätte sie es bis zum letzten Tag geschafft.

Doch die Kunden aus Inneringen mussten in den vergangene­n Monaten nicht auf Monika Reif verzichten. Sie wechselte nach Bingen und mit ihr die Inneringer Kunden. „Mir ganget zur Monika auf d’Bank“, heißt es in Inneringen seit jeher.

Rückblende: Als Monika Reif ihre Lehre begann, war die Inneringer Bank als Raiffeisen­bank noch selbststän­dig. Die Bank hatte fünf Beschäftig­te und im Gebäude des Direktors Metzger am Ortseingan­g ihren Sitz. Die Volksbank Saulgau warb damals um die kleineren Banken und hatte nicht nur in Inneringen Erfolg: „Wenn Sie zu uns kommen, bauen wir Ihnen eine neue Bank“, soll der Saulgauer Vorstand Gresser laut Monika Reif gesagt haben. 1981 kam es zur Fusion und mit der Fusion kam der Neubau in der Ortsmitte.

Monika Reif blieb über all die Jahre in Inneringen und lernte ihre Kunden aus dem Effeff kennen. Sie war mit vielen per Du und kennt die Kontonumme­rn ihrer Inneringer Kunden bis heute auswendig. Monika Reif war für viele Inneringer mehr als eine Bankerin: „Ich war eine Beichtstub­e. Wenn es daheim Händel gab, wurde das mir erzählt.“Eine Kundin schimpfte über Jahre auf ihren Mann, erinnert sich die Bankangest­ellte, als er gestorben war, fing sie an, ihn zu loben.

Stichwort Euro-Umstellung: Als im Januar 2002 die neue Währung im Land verteilt wurde, ging es besonders turbulent zu in Inneringen. „Ich hatte das Gefühl, dass wir schon am ersten Tag alle Inneringer

sagt Monika Reif zu ihrem Vater nach der Euro-Umstellung, als sie ihm Geld mitbringen soll.

mit Euro versorgt haben.“Viele Kunden hätten es eilig gehabt, weil sie dachten, dass es am nächsten Tag keine D-Mark mehr gibt. Rückblicke­nd stolz ist die Bankerin auf den Kassenstur­z am Abend des 2. Januar: „Wir waren die einzige Filiale, in der alles gestimmt hat. Es gab keinen Cent Differenz.“Ihrem Vater musste sie immer Geld mitbringen: Jahre nach der Euro-Umstellung bestellte er einen 1000er-Schein. Er bekam zwar 1000 Euro, aber in kleineren Scheinen. „Vater, es gibt gar keinen 1000er mehr“, sagte sie zu ihm.

Bei einer Feierstund­e, an der die Führungset­age des Bankhauses teilnahm, sagte der Leiter des Filialbetr­iebs, Hartmut Schönbuche­r: „Ihr war nichts zu viel, wenn es um die Kunden ging.“Besonders ältere Kunden kommen noch an den Schalter zu Monika Reif. Ihnen hilft sie beim Ausfüllen von Überweisun­gen oder tippt die Daten direkt in den Computer. Wenn ältere Kunden beim Geldabhebe­n Schwierigk­eiten haben, unterstütz­t sie sie dabei. Und jedes Mal sagt sie ihnen aufs Neue, dass sie die Geheimzahl nicht bei der EC-Karte aufbewahre­n sollen.

Monika Reif hört ungern auf, doch ihr Mann, der mehr als zehn Jahre älter ist als sie, freut sich auf seine Frau. Und dies lässt sie heute, wenn sie ein letztes Mal zur Arbeit geht, mit einem guten Gefühl Abschied nehmen.

„Vater, es gibt gar keinen 1000er-Schein mehr“,

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FOTO: FXH
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FOTO: MICHAEL HESCHELER Die Arbeit in der Bank erfüllt sie: Monika Reif wechselt nach beinahe 48 Jahren bei der Volksbank in Inneringen in den Ruhestand.

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