Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Kunsthalle wird erwachsen
Zum 18. Geburtstag gibt es ein ganzjähriges Programm
HERDWANGEN-SCHÖNACH - Die Kunsthalle Kleinschönach, ein ehemaliges Fabrikgebäude, in dem Künstler leben und arbeiten, wird in diesem Jahr volljährig. Genauer am 29. September, exakt 18 Jahre nach jenem Tag, an dem die Initiatoren Holger Pirke, Martha Materna, Robert Steward und Dieter Zimmermann mit vielen Gästen die Eröffnung der damals wie heute bemerkenswerten kleinen Künstlerkolonie feierten.
In der ehemaligen Strickwarenfabrik mit 1500 Quadratmetern Fläche und 4000 Quadratmetern Außengelände war mit viel Unterstützung des damaligen Bürgermeisters und heutigen Bundestagsabgeordneten Lothar Riebsamen eine Ateliersgemeinschaft entstanden, die die Jahre überdauerte. Mehr als 50 Künstler aus nah und fern, so schätzt Robert Steward, der noch immer sein Atelier in dem Gebäude hat, waren in dieser Zeit in der Halle zu Gast. Manche blieben länger, andere als Gastkünstler nur für ein paar Wochen.
Maler, Bildhauer, Goldschmiede, Fotografen, Keramiker und viele andere fanden eine Bleibe für sich und ihre Kunst. Je nach Zusammensetzung organisierten sie mal häufiger und mal seltener Ausstellungen, Lesungen, Workshops oder musikalische Veranstaltungen.
Eigentümer des Gebäudes ist der Verein „Man müsste Ateliers hinterlassen können“. Alle Künstler sind Mieter, denn Gebäude und Grund sollen nach den Statuten auf keinen Fall der Immobilienspekulation ausgesetzt sein. Sie zahlen für ihr Atelier und gegebenenfalls auch noch für ein Plätzchen zum Wohnen eine erschwingliche Miete. Ab und an sind Stipendiaten zu Gast, junge Künstler, denen gegen kostenlose Logis und ein kleines Taschengeld die Möglichkeit geboten werden soll, sich künstlerisch weiterzuentwickeln.
Regelmäßige Besprechungen
Was in der Halle geschieht, wird von den jeweiligen Mietern gemeinsam festgelegt. So finde jeden Donnerstag eine Besprechung aller Mieter statt, berichtet André Heygster vom gleichnamigen Kulturbüro. Dabei gehe es nicht nur um Kunst, sondern beispielsweise auch um so profane Themen wie Renovierungsarbeiten. Er selbst werde als Kulturschaffender in der Kunsthalle als Mitbewohner „geduldet“, sagt Heygster mit einem Schmunzeln.
14 Menschen wohnen und arbeiten derzeit in der Kunsthalle. Sie haben Anfang des Jahres gemeinsam beschlossen, den 18. Geburtstag, den „Tag des Erwachsenwerdens“, mit einem Veranstaltungsreigen zu feiern. Die Organisation legten sie in die Hände von André Heygster und Robert Steward, der als Maler und Bildhauer von Beginn an in der Kunsthalle arbeitet, sowie Christine Koch, eine Bildhauerin, die vor fünf Jahren von Überlingen nach Kleinschönach gezogen war, und die Fotografin Isabel Meyer.
Regelmäßige Erneuerung
„Es soll im Lauf des nächsten Jahres aufgezeigt werden, was in der Halle möglich ist“, sagen die vier, die ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt haben. „Wir wollten, dass das Programm nicht nur unseren Gästen, sondern auch uns Spaß macht und uns weiterbringt.“Und: „Wir wollen zeigen, dass sich die Kunsthalle immer wieder erneuert.“
Zur Einstimmung gibt es am Freitag, 7. September, ein Konzert mit den „Talking Horns“, einem vielseitigen Bläserquartett aus Köln. Die große Geburtstagsparty, zu der auch viele Ehemalige erwartet werden, findet am Samstag, 29. September, mit Festreden, Musik, Feueraktion und Barbetrieb statt. Als Besonderheit werden einige künstlerische Arbeiten versteigert. Der Erlös fließt in die Finanzierung weiterer Stipendiaten.
Im Lauf des Jahres folgen Vorträge, Workshops und Projekte wie das Seminar „Kulturinseln“mit Uwe Burka und ein Gespräch über Kunst mit Museumsleiter Christoph Bauer. Konzerte mit dem Bob-Dylan-Liedermacher Dan Allwayer oder der Liederabend „Frühlingserwachen“mit Isabelle Marquardt und Roland Kohle sowie die Herbstausstellung der Ateliergemeinschaft am 17., 18. und 25. November, in deren Rahmen auch das literarische Jahresheft der Meersburger Autorenrunde vorgestellt wird, ergänzen das Programm, das noch erweitert werden soll.