Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gegen den Lärm und gegen das Land

Uhldingen-Mühlhofen darf laut Verwaltung­sgerichtsh­of Tempo 30 durchsetze­n

- Von Barbara Baur

UHLDINGEN-MÜHLHOFEN - Die Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen wünscht sich für die Ortsdurchf­ahrten schon lange Tempo 30. Nun könnte dieser Wunsch wahr werden, denn der Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) Baden-Württember­g hat mit einem Urteil die Position der Gemeinde gestärkt. Vorausgega­ngen war ein längerer Rechtsstre­it. Die Gemeinde hatte gegen das Land geklagt, weil es sich weigerte, ihren Lärmaktion­splan umzusetzen. Das Land kann noch innerhalb eines Monats Revision einlegen.

„Wir sind sehr zufrieden mit dem Urteil des Verwaltung­sgerichtsh­ofs“, sagt Bürgermeis­ter Edgar Lamm. Das Gericht habe mit dieser Entscheidu­ng zugunsten der vom Lärm betroffene­n Bürger von Oberuhldin­gen und Mühlhofen entschiede­n. „Was rechtens ist, hat nun auch Recht bekommen“, sagt Lamm. Die Gemeinde müsse jedoch abwarten, ob das Urteil Rechtskraf­t bekommt oder ob das Land Revision beim Bundesgeri­chtshof einlege.

Alles hatte damit begonnen, dass der Gemeindera­t Uhldingen-Mühlhofen im Oktober 2013 einen Lärmaktion­splan beschloss. Er sieht für die Ortsdurchf­ahrten von Oberuhldin­gen und Mühlhofen auf der Landesstra­ße 201 eine Reduzierun­g der Geschwindi­gkeit von 50 auf 30 Kilometer pro Stunde vor. Die Regelung soll in den Nachtstund­en von 22 Uhr bis 6 Uhr gelten.

Zuerst eine mündliche Absage

„Das Landratsam­t Bodenseekr­eis, dem wir den Lärmaktion­splan zugestellt haben, hat uns dann jedoch in einem ausführlic­hen mündlichen Gespräch mitgeteilt, dass es ihn nicht umsetzen wird, da die festgesetz­ten Maßnahmen fachrechtl­ich nicht zulässig wären“, sagt Edgar Lamm. Nach längerer Bedenkzeit sei er mit diesem Ergebnis jedoch nicht zufrieden gewesen. Im Februar 2015 habe er sich in einem Schreiben erneut an das Landratsam­t gewandt und „um Umsetzung gebeten“, wie er sagt.

Die offizielle Ablehnung im Juli 2015 sei dann die Grundlage gewesen, beim Regierungs­präsidium Tübingen Widerspruc­h einzulegen. Das Regierungs­präsidium habe diesen im März 2016 aber ebenfalls abgewiesen. Daraufhin reichte die Gemeinde Klage beim Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n ein. Das Gericht lehnte sie mit einem Urteil vom September 2017 ab. „Da die Gemeinde nicht klagebefug­t sei“, sagt Lamm. Wegen der grundsätzl­ichen Bedeutung der Angelegenh­eit wurde jedoch Berufung vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of zugelassen.

Wie der VGH mitteilt, handelt es sich bei der L 201 um eine Hauptverke­hrsstraße mit einem Verkehrsau­fkommen von mehr als drei Millionen Kraftfahrz­eugen pro Jahr. „Gemeinden, durch deren Gebiete derartige Straßen führen, sind nach einer auf europarech­tlichen Vorgaben zurückgehe­nden Bestimmung im Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz verpflicht­et, Lärmaktion­spläne zu erstellen, um auftretend­e Lärmproble­me und ihre Auswirkung­en zu regeln“, heißt es im Schreiben des VGH. Die Gemeinde habe von einer ganztägige­n Geschwindi­gkeitsbegr­enzung aufgrund der Bedeutung der Straße abgesehen. Bauliche Veränderun­gen wie der Einbau eines neuen Straßenbel­ags hätten sich kurzfristi­g nicht umsetzen lassen.

Das Verwaltung­sgericht sei davon ausgegange­n, dass die Gemeinde die Umsetzung von Schritten zur Lärmminder­ung generell nicht einklagen könne, weil ihr die notwendige Klagebefug­nis fehle. Der VGH ist in diesem Punkt aber anderer Ansicht. Die zur Umsetzung berufenen Fachbehörd­en seien nach Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz an die Festlegung­en in Lärmaktion­splänen gebunden, schreibt der VGH in einer Pressemitt­eilung. Insbesonde­re könne die Behörde nicht das Planungser­messen der Gemeinde durch ihr eigenes ersetzen. Wenn Gemeinden ihren Lärmaktion­splan ordnungsge­mäß festlegen, müssten sie kein Einvernehm­en mit den Straßenver­kehrsbehör­den herstellen. Weigere sich die Behörde, die im Lärmaktion­splan rechtmäßig festgelegt­en Schritte umzusetzen, verletze sie die Planungsho­heit der Gemeinde.

Robert Schwarz, Pressespre­cher des Landratsam­ts Bodenseekr­eis, konnte noch nicht viel zum Urteil des VGH sagen. „Es hat grundsätzl­ichen Charakter, weshalb wir uns eng mit Regierungs­präsidium und Ministeriu­m abstimmen werden“, sagte er. Gerade wegen des grundsätzl­ichen Charakters werde dieser Impuls dann eher von der Landeseben­e kommen.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Uhldingen-Mühlhofen wünscht sich Tempo 30 in der Ortsdurchf­ahrt. Weil das Land sich weigerte, den Lärmaktion­splan umzusetzen, klagte die Gemeinde. In zweiter Instanz bekam sie nun Recht.

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