Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Gipfelsturm nach Gipfelerlebnis
US-Open-Sieger Novak Djokovic zeigt, dass er wieder das Zeug zur Nr. 1 der Tenniswelt hat
NEW YORK (SID/dpa) - Gerne hätte sich Novak Djokovic einen anderen Gratulanten zu seinem 14. GrandSlam-Triumph gewünscht. Doch alles, was er in New York bekam, war John McEnroe. Djokovic hatte gehofft, dass Pete Sampras ihm den Pokal überreicht. „Ich wollte ihm sagen: ,Pete, ich liebe dich! Du bist mein Idol‘“, scherzte der Serbe, nachdem er bei den US Open den nächsten Gipfel seiner Tenniskarriere erklommen hatte. Doch Sampras fehlte, dabei wäre er so passend gewesen: Mit dem
6:3, 7:6 (7:4), 6:3 über den Argentinier Juan Martin del Potro zog Djokovic in der „ewigen“Bestenliste der GrandSlam-Titelträger mit eben jenem Pete Sampras gleich und verkürzte den Abstand zu seinen Dauerrivalen Rafael Nadal (17 Grand-Slam-Siege) und Roger Federer (20). Del Potro war sich nach dem Finale sogar sicher, dass Djokovic „alles hat, um die Rekorde in diesem Sport zu brechen“.
Fest steht: Die Dominanz, die ihn
2016 in Roland Garros alle vier MajorTitel in den Händen halten ließ und die dann auf einmal beinahe unerklärlich verschwunden war, hat Novak Djokovic zurückerlangt. Der Wimbledonsieg, sein letzter noch fehlender Masters-Titel in Cincinnati und nun sein Triumph in Flushing Meadows – „wenn mir jemand das im Februar erzählt hätte“, sagte Djokovic, „ich hätte es wohl kaum geglaubt“.
Auch nach seiner Ellbogenoperation im Anschluss an die Australian Open hatte der frühere Weltranglistenerste noch einige Monate gebraucht, um wieder der schier unbezwingbare Spieler zu werden, der er einst war. Erst bei einer Wanderung mit seiner Frau Jelena in den Bergen der französischen Provence im Juni besann sich Djokovic, wie er jetzt in New York erzählte. Auf dem Gipfel des Montagne Sainte-Victoire – nach einem dreistündigen Aufstieg – habe er neue Inspiration und Motivation geschöpft, berichtete er: „Ich habe an die Gefühle gedacht, die Tennis in mir auslöst. Sie waren alle positiv. Ich habe den frischen Wind gespürt. Der Rest ist Geschichte.“
Eine Erfolgsgeschichte, die den
31-Jährigen mittlerweile wieder auf Platz drei des Rankings geführt hat. Vor ihm liegen nur noch Federer und Nadal. Anders als Djokovic, der vor einem Jahr pausierte, hat der Schweizer im Herbst viele Punkte zu verteidigen; der Spanier Nadal fällt wegen seiner Kniebeschwerden zunächst aus. Die Chance, an die Spitze seines Sports zurückzukehren, könnte sich deshalb schon in diesem Jahr für Novak Djokovic ergeben; nur eines der vergangenen 23 Matches hat der einstige Schützling von Boris Becker verloren.
Das Trio thront wieder gemeinsam über dem Rest der Tenniswelt, dabei sind alle drei bereits mindestens einmal abgeschrieben gewesen. Doch weder die nachfolgende Generation noch die von der ATP mit viel Getöse vermarkteten Jungstars um Alexander Zverev haben es bislang geschafft, „diese Legenden“(del Potro) zu verdrängen. Die letzten acht Grand-Slam-Titel gingen an die großen Drei.
Selbst Juan Martin del Potro wünscht sich, dass es so weitergeht. „Hoffentlich kämpfen Rafa, Roger und Novak weiter um die Grand Slams, denn es ist schön, ihnen dabei zuzuschauen, wie sie Geschichte schreiben“, sagte der 29-Jährige, der zum ersten Mal seit neun Jahren wieder in einem Grand-Slam-Finale stand und sich in immerhin 3:16 Stunden tapfer schlug.
Den Pokal überreichte John McEnroe aber an Novak Djokovic. „Ich habe die ganze Zeit fast am Limit gespielt“, sagte Juan Martin del Potro. „Aber ich habe es nicht geschafft, weil Novak immer da war. Meine Fehler sind wegen seinem Niveau passiert.“ Motorradpilot Fenati entlassen: Romano Fenati (Italien) hat nach seiner lebensgefährlichen Aktion gegen einen Konkurrenten beim Motorrad-Grand-Prix von San Marino seinen Job in der Moto2-WM verloren. Das Marinelli Snipers Team des 22-Jährigen verkündete am Montag nach dem Rennen in Misano die Vertragsauflösung. Am Sonntag hatte Fenati seinem Landsmann Stefano Manzi beim Überholvorgang bei mehr als 200 km/h in die Vorderradbremse gegriffen. „Wir bedauern sein unverantwortliches Verhalten sehr, er hat das Leben eines anderen Fahrers riskiert, das kann nicht entschuldigt werden“, ließ das Marinelli Snipers Team verlauten. Vom Weltverband FIM ist Fenati für zwei WM-Läufe gesperrt worden, inwischen erklärte er auf seiner Homepage: „Ich entschuldige mich bei der gesamten Sportwelt. Leider habe ich einen impulsiven Charakter, aber meine Absicht war sicher nicht, einem Mitpiloten Schaden zuzufügen.“
WM-Gold für deutsches Fünfkampf-Duo: Rebecca Langrehr (Spandau) und Fabian Liebig (Potsdam) haben bei der Weltmeisterschaft der Modernen Fünfkämpfer in Mexiko-Stadt die Goldmedaille in der Mixed-Staffel gewonnen. Das Duo siegte am Ende überlegen vor Ungarn und Frankreich. „Ich habe mir im Rennen immer vorgestellt, dass ich im Training bin. Sonst wäre ich zu nervös geworden“, sagte die überglückliche Langrehr. „Niemand hätte gedacht, dass wir gewinnen“, fügte Liebig an. „Wir sind hier als Underdogs an den Start gegangen.“
Kerber rückt vor: Angelique Kerber hat sich nach den US Open um einen Rang auf Platz drei der Tennis-Weltrangliste verbessert. Die Wimbledonsiegerin hatte mit dem Drittrunden-Einzug in New York deutlich besser abgeschnitten als im Vorjahr, als sie gleich in der ersten Runde an der diesjährigen Siegerin Naomi Osaka gescheitert war. Zudem hat die Kielerin die Teilnahme an den WTA Finals in Singapur jetzt sicher. Julia Görges indes fiel aus den Top Ten heraus, sie ist jetzt Elfte. Bei den Männern rutschte der Hamburger Alexander Zverev durch sein Drittrunden-Aus auf Platz fünf ab.
Reitz trifft nicht oft genug: Olympiasieger Christian Reitz (Regensburg) hat bei den Weltmeisterschaften der Sportschützen in Changwon (Südkorea) seinen ersten WM-Titel im Einzel klar verpasst. Der 31-Jährige schied im Wettbewerb mit der Schnellfeuerpistole bereits in der Qualifikation aus und belegte Rang neun. Oliver Geis (Mengerskirchen) dagegen wurde beim Sieg des Chinesen Lin Junmin Fünfter.
Peter Kretzschmar gestorben: Der deutsche Sport trauert um Peter Kretzschmar. Der frühere Weltklassehandballer starb nach langer Krankheit eine Woche vor seinem 86. Geburtstag. Der Vater von Stefan Kretzschmar lebte zuletzt in Schöneiche bei Berlin. Peter Kretzschmar war als Spieler von 1954 bis 1963 für den SC Lokomotive Leipzig aktiv. Weltmeister wurde er mit der DDR auf dem Großfeld – bei der vorletzten Feldhandball-WM im Jahr 1963 in der Schweiz durch ein 14:7 über die bundesdeutsche Auswahl. Als Trainer gewann Peter Kretzschmar mit der DDR 1975 (als man auf sowjetischem Boden die Gastgeber sensationell besiegte) und 1978 zwei weitere WM-Titel, zudem führte er die DDR-Frauen zu Olympiasilber 1976 in Montreal und zu Bronze 1980 in Moskau. 1986 beendete er seine Tätigkeit als DDR-Nationaltrainer.
Sieg bei St.-Brown-Debüt: Der deutsche Football-Profi Equanimeous St. Brown ist bei seinem NFL-Debüt mit den Green Bay Packers erfolgreich in die Saison gestartet. Angeführt von Quarterback Aaron Rodgers gewannen die Packers 24:23 gegen die Chicago Bears, nachdem sie zur Pause noch 0:17 zurückgelegen hatten. Der 21-jährige Brown wurde eingewechselt. Mit einer 16:24-Niederlage bei den Minnesota Vikings haben der deutsche Linebacker Mark Nzeocha und die San Francisco 49ers die Spielzeit begonnen.
Online-Petition für Räikkönen-Verbleib: Die zahlreichen Fans des Formel-1-Piloten Kimi Räikkönen kämpfen mit ungewöhnlichen Mitteln für einen neuen Vertrag des 38-jährigen Finnen bei Ferrari. Bis Montagnachmittag hatten knapp 78 000 Menschen eine Petition auf der Internet-Plattform change.org unterzeichnet. Unter dem Titel „Ferrari sollte Kimi Räikkönen für ein weiteres Jahr halten“fordern die Unterstützer eine Verlängerung der Zusammenarbeit mit dem Teamkollegen von Sebastian Vettel.