Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Pröbstle stellt in der Alten Schule aus
Die aus Scheer stammende Künstlerin bleibt der Heimat verbundeen.
SIGMARINGEN – Die Gesellschaft für Kunst und Kultur Sigmaringen hat zusammen mit Editha Pröbstle die Ausstellung „Weltenbummler“in der Alten Schule eröffnet. Zur Vernissage kamen zahlreiche Bewunderer und Weggefährten. Ihre kraftvollen, farbintensiven Holzschnitte und Gouachen sowie ihre Eigenerfindungen Klappraden und Kuulus überschreiten schon mal die Zwei- und Dreidimensionalität. Denn an ihre verstellbaren Klappraden darf der Betrachter Hand anlegen und daraus etwas Anderes machen. Großen Applaus bekamen auch die Jungmusikerinnen Sophia Schütz und Sabrina Fink, die mit ihrem Blockflötenspiel die Eröffnung umrahmten.
Gabriele Hellmeier-Ringwelski freute sich bei ihrer Begrüßung für die Gesellschaft für Kunst und Kultur über die große Resonanz. Die im In- und Ausland anerkannte Künstlerin, die schon viele Jahre in Koblenz lebt, blieb immer ihrem Geburtsort Scheer verbunden. Gleichzeitig geht sie mit ihrer Kunst vielfach über Grenzen. Was das bedeutet, erläutert Kunsthistorikerin Anna Pröbstle bei ihrer Einführung. Die Nichte von Editha Pröbstle durchbrach dabei die übliche Präsentation und sprach frei vor dem Publikum: „Für Editha ist das heute ein ganz großer Tag.“Die letzte große Werkschau in der Region gab es vor zehn Jahren.
Pröbstle studierte an den Kunstakademien Stuttgart und Düsseldorf, unter anderem bei Joseph Beuys, dessen Zeichnungen sie besonders schätzt. Am Anfang ihres Wegs stand der elterliche Bauernhof. Der Holzschnitt war ihr erstes Arbeitsmaterial. Diese „Königsdisziplin innerhalb der Grafik“, so Anna Pröbstle, sei außergewöhnlich und besonders von Kollegen aus Mexiko und Japan hoch anerkannt. Dass sie von einem Bauernhof kommt, sei nur von Vorteil: „Man braucht sehr viel körperliche Kraft, sie hat jedoch schon früh das Feine in ihre Werke gegeben.“Gerade im skulpturalen Bereich sei ihr Schöpfergeist riesig: „So Kunst zu denken, da braucht man echt Mut dazu.“In ihrem künstlerischen Schaffen rückten Grafik und Skulptur immer näher zusammen. In dieser Ausstellung wurden zum ersten Mal die bemalten „Kuulus“ausgestellt, die bewegt werden können. Eindrucksvolle Skulpturen stehen teilweise neben ihren zweidimensionalen Pendants. Ähnlich wie die „Klappraden“sind sie veränderlich. Bei dieser „4. Dimension“ist Anfassen und Versetzen der beweglichen Teile erlaubt. Der Kunstbetrachter gestaltet dann nicht nur im Kopf, sondern auch real mit.
Editha Pröbstle bedankte sich bei den jungen Musikerinnen und ihrer Nichte für die Einführung. Nachdem die rhetorische Frage, ob sie schwäbisch schwätzen dürfe, mit Beifall beantwortet wurde, zeigte sie ihre Verbundenheit zum Ausstellungsort: „Ich komme längst nicht mehr zu allen Ausstellungseröffnungen, aber Sigmaringen lass’ ich mir nicht nehmen.“Im Anschluss ging sie mit den Besuchern durch die Ausstellung und beantwortete viele Fragen.
Da der Weg vom Bauernhof zum Kunststudium und zur erfolgreichen Künstlerin nicht gerade der nächste ist, erfuhren diese, dass sie zunächst – „das habe ich meiner Großmutter versprochen“– nach Handelsschule in Sigmaringen und Wirtschaftsgymnasium in Ebingen Lehrerin geworden ist.
Schon auf der Pädagogischen Hochschule empfahl ihr ein Dozent das Kunststudium. Doch zunächst schloss sie das Studium ab und war in Laiz Lehrerin. Ihre expressiven, einfallswie geistreichen und phantasievollen Kunstwerke erzählen immer wieder von diesem Weg. „Großartig“, findet auch ihr jüngerer Bruder Eugen Pröbstle, der den Hof übernommen hat, die Werkschau: „Sie hat schon immer unglaublich viel Kraft und Energie.“Unbedingt anschauen!