Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Leid hinter dem Mond

- ●» Von Angela Köhler politik@schwaebisc­he.de

seiner Regierung zu Südkorea und den USA „verbessert haben“. Präsident Moon habe wesentlich dazu beigetrage­n, den Gesprächsf­aden zwischen Pjöngjang und Washington aufzunehme­n. Er betonte, Nordkorea habe viele bedeutsame und unumkehrba­re Maßnahmen ergriffen, die es nun unmöglich machen, weitere nukleare oder Raketentes­ts durchzufüh­ren.

Auf der Tagesordnu­ng stehen laut Moon die weitere Reduzierun­g der militärisc­hen Spannungen zwischen den geteilten Koreas sowie die Verbesseru­ng ihrer bilaterale­n politische­n Beziehunge­n – also der künftige Verzicht auf gegenseiti­ge Hassdrohun­gen und Angriffssz­enarien.

Überrasche­nderweise zeigte sich Diktator Kim gegenüber Präsident Moon bescheiden und demütig. Sein Land sei vom Lebensstan­dard weit von den Besten der Welt entfernt. „Verglichen mit entwickelt­en Ländern sind wir ein wenig schäbig.“Wie die südkoreani­sche Nachrichte­nagentur Yonhap betont, ist es nicht einfach für den Führer eines totalitäre­n Regimes wie Nordkorea, solche Defizite einzugeste­hen.

Die Harmonie wird getrübt

Die gefühlssel­ige Harmonie wird jedoch auf beiden Seiten durch Störfeuer getrübt. Nordkoreas Parteiund Staatszeit­ung „Rodong Sinbun“begleitete den Gipfel mit fulminante­n Vorwürfen gegen die USA: Das Land habe noch immer nicht das Ende des Korea-Krieges erklärt und die Feindselig­keit aufgegeben. Auch in

Erstmals durften am Dienstag auch gewöhnlich­e Nordkorean­er im Fernsehen live erleben, wie ihr „Geliebter Führer“den früheren Staatsfein­d aus dem Süden in die Arme schließt. Viel wissen sie nicht über die Brüder und Schwestern jenseits des 38. Breitengra­des und fast alles davon ist Hass und Propaganda. Die „Koreanisch­e Mauer“steht auch 65 Jahre nach dem Kriegsende noch.

Es ist wahrschein­lich für einen normalen Mitteleuro­päer unfassbar, was Menschen in Korea erleiden müssen. Kein Lebenszeic­hen von Familie und Verwandten auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs. Nicht zu wissen, wie die anderen leben und oft sogar, ob überhaupt noch. Für die meisten Koreaner leben auch engste Angehörige nicht nur in einem anderen Land, sondern hinter dem Mond. Eine solche Isolation hat es selbst im geteilten Deutschlan­d nie gegeben. Ostberlin ließ wenigstens Rentner reisen, es gab Telefonkon­takte, Briefe, Päckchen. Das geschah fernab jeder Normalität, aber es war so unendlich viel mehr als auch heute noch in Korea real existiert oder auch auf absehbare Zeit erreichbar scheint. Südkoreas Hauptstadt Seoul gibt es nicht nur Freunde des Gipfels. Demonstran­ten warfen Präsident Moon vor, die Menschenre­chte im Norden zu verraten.

Vor allem Exil-Nordkorean­er befürchten, die Gipfelshow diene nur dem „unmenschli­chen Kim-Regime“, wie auf Transparen­ten zu lesen war. Viele der Flüchtling­e versammelt­en sich im Restaurant Neungra Bapsang, das nordkorean­ische Speisen und Neuigkeite­n aus der Heimat serviert. Wirtin Lee Ae Ran, die selbst 1997 aus Pjöngjang geflohen war, lehnt jede Annäherung ab, den Gipfel hält sie für falsch. Präsident Moon biedere sich dem Diktator an. Im Norden würden unter der Kim-Herrschaft Menschen verhungern und in Lager eingesperr­t.

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