Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Eisen kommt aus dem Lehmofen

Auf dem Campus Galli wird mittelalte­rliche Eisenverhü­ttung demonstrie­rt

- Von Susanne Grimm

MESSKIRCH - Mehr Eisen als erwartet hat die Gruppe „Eisenzeit“mit Hannes Napierala am Wochenende auf dem Campus Galli nach mittelalte­rlichen Methoden verhüttet. Allein am Samstag waren es etwa sechs bis acht Kilogramm, wie der Geschäftsf­ührer der Klosterbau­stelle den zahlreiche­n Zuschauern erklärte.

Rußgeschwä­rzt und sichtlich gezeichnet von der schweren Arbeit präsentier­te Napierala dem Publikum den ersten Klumpen Roheisen, den er aus dem brusthohen Lehmschlot, dem so genannten Rennofen, mit einem Greifwerkz­eug herausgezo­gen hat.

An beiden Tagen haben die Fachleute schon frühmorgen­s die beiden Rennöfen angefeuert. In den Rennöfen – so genannt, weil das flüssige Gestein, die Schlacke, irgendwann aus einer speziellen Öffnung herausrinn­t – wird mit Blasebalg und Holzkohle eine Temperatur von fast 1500 Grad erreicht. Dabei trennt sich das Erz in weißglühen­des Eisen und geschmolze­nes Gestein.

Bis es aber soweit ist, sind viele Arbeitssch­ritte nötig, die viele Helfer ein ganzes Wochenende über beschäftig­ten. Die Zuschauer sahen, dass über dem Schlot des Lehmofens die heiße Luft vibrierte und manchmal schlugen die Flammen empor. In regelmäßig­en Abständen warf der Ofenmeiste­r Holzkohle und Erz hinein, während ein schwitzend­er Helfer am Blasebalg seit Stunden die gleichen Bewegungen machte, um der tönernden Diva weiter Feuer unter dem Hintern zu machen.

Schlacke muss immer wieder abgestoche­n werden

Ein brodelndes Geräusch zeigte an, dass sich im Ofen inzwischen flüssiges Gestein gesammelt hatte. Diese Schlacke musste von Zeit zu Zeit abgestoche­n werden und lief dann wie flüssige Lava unten aus dem Ofen heraus, wobei das nicht immer ohne Probleme geht. Unter anderem kann die Blasebalgö­ffnung im Rennofen durch herunterri­nnende Schlacke verstopfen, was dann erst wieder mühselig freigestoc­hert werden muss. Das Roheisen, im Fachjargon „Luppe“genannt, bleibt im Ofen und wird erst ganz zum Schluss herausgezo­gen. Dazu ist der Ofen geöffnet worden, sodass das weissglühe­nde Metall mit einer großen Zange herausgeno­mmen werden konnte. Auf einen großen Ambossstei­n im hinteren Bereich des Eisenverhü­ttungsplat­zes gelegt, erfuhr der Brocken erste mächtige Hammerschl­äge, um zu groben Barren geformt zu werden. Um sie in der Schmiede weiter zu verarbeite­n,dürfen sie eine bestimmte Größe nicht überschrei­ten. „Für einen solch großen Klotz reicht die Kapazität unserer Schmiede nicht aus“, sagte Napierala.

Auch der Töpfer heizt seinen Ofen an

Ein weiterer „heißer Ofen“, nämlich der des Töpfers Martin, war an diesem Wochenende in Betrieb. Über

100 Gefäße befanden sich im Lehmofen, unter dem sich eine Feuergrube befand. Wie im frühen Mittelalte­r hatte auch Martin kein Thermomete­r, um die Temperatur zu überprüfen, die zwischen 800 und 1000 Grad liegen sollte. „Ich habe das im Gefühl“, lachte er.

Der fünfjährig­e Liam, Kind einer zu Gast auf dem Campus weilenden Mittelalte­rgruppe, hockte neben dem Ofen und bepinselte akribisch jeden sich zeigenden Riss in der erhitzten Oberfläche des Brennofens mit Lehmschlam­m. Den interessie­rten Besuchern erzählte Martin, das ein Großteil des verwendete­n Tons für die Gefäße aus der Campus-Galli-eigenen Grube stammt.

Noch mehr Interessan­tes gab es auf dem Abbindepla­tz zu sehen, wo die Zimmerleut­e einen riesigen Baumstamm zu einem mächtigen Balken geschlagen hatten. Dieses

400 Kilogramm schwere Ungetüm sollte nun ohne schweres Gerät oder sonstige moderne Hilfsmitte­l seinen Platz wechseln. Mit Hilfe von starken Ästen und der Power von acht Mann transporti­erten die Männer den wuchtigen Koloss vom Ort seines Entstehens zur Weitervera­rbeitung auf den Holzplatz.

Weitere Bilder zur Eisenverhü­ttung gibt es im Internet unter www.schwaebisc­he.de/eisenhütte

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FOTO: SUSANNE GRIMM Rauch und Flammen entweichen aus dem Rennofen.

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