Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Trump teilt gegen Deutschland und Iran aus
Der US-Präsident wirbt in seiner Rede bei der Generaldebatte der Vereinten Nationen für Patriotismus statt globaler Ordnung
NEW YORK - Um kurz nach halb elf am Dienstag beginnt US-Präsident Donald Trump im UN-Hauptquartier am New Yorker East River seine Rede mit dem üblichen Selbstlob. Seine Regierung, brüstet sich Trump, habe in knapp zwei Jahren mehr erreicht als nahezu jede andere Regierung in der Geschichte seines Landes.
In dem Augenblick wird es unruhig im Saal der Vollversammlung. Manche tuscheln, andere lachen, lassen eher Sarkasmus als Heiterkeit erkennen. Mit einer solchen Reaktion habe er nicht gerechnet, Trump quittiert es mit einem Grinsen, um sodann ungerührt fortzufahren mit dem Verlesen seiner Erfolgsbilanz: rekordhohe Aktienkurse, rekordniedrige Arbeitslosigkeit, historische Steuersenkungen. Es ist Trumps zweite Rede bei einer Generaldebatte der Vereinten Nationen. Wie schon seinen Premierenauftritt vor einem Jahr nutzt er sie, um das Konzept seines „America first“durchzubuchstabieren. Amerika, sagt er, werde jederzeit Unabhängigkeit und Kooperation über globales Regieren, Kontrolle und Dominanz stellen. Unter keinen Umständen werde man amerikanische Souveränität abgeben an eine nicht gewählte globale Bürokratie, die niemandem Rechenschaft schulde. „Wir lehnen die Idee des Globalismus ab und umarmen die Doktrin des Patriotismus.“
Lob für Kim Jong-un
Dem Grundsätzlichen folgen anerkennende Worte für Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un. Trump dankt ihm für „ermutigende Botschaften“, vom Stopp der Raketentests bis hin zur Demontage militärischer Anlagen. Vor zwölf Monaten hatte er den Diktator noch verhöhnt als kleinen Raketenmann, der die vollständige Zerstörung seines Landes riskiere. Nun ist er „der Vorsitzende Kim“.
Über den Nordkoreaner verliert er kein einziges kritisches Wort, den russischen Präsidenten Wladimir Putin erwähnt er gar nicht. Dafür sind es die Deutschen, die wegen der Pipeline Nord Stream 2 gescholten werden. Deutschland mache sich total abhängig von russischer Energie, „wenn es nicht sofort seinen Kurs ändert“, tadelt Trump mit drohendem Unterton.
Im Mittelpunkt seiner Kritik aber steht Iran. Die „korrupte Diktatur“in Teheran säe Chaos, Tod und Verwüstung im Nahen Osten, allen voran in Syrien. Sie weigere sich, ihre Nachbarn und deren Grenzen oder die Rechte souveräner Nationen zu respektieren, wettert er.
Spätestens jetzt ist klar, dass wohl eher ironisch gemeint war, was Trump am Morgen getwittert hatte. Der iranische Präsident Hassan Ruhani sei sicher ein „absolut reizender Mann“, hatte er geschrieben. Der Atomdeal sei ein Geldregen für die iranische Führung, in der Folge seien die Militärausgaben des Landes um fast 40 Prozent gestiegen, rechnet Trump vor. Er stellt klar, dass er die Wirtschaftssanktionen verschärfen wird. Anfang November würden zusätzliche Strafmaßnahmen folgen, darüber hinaus wolle man die Ölkunden Irans dazu bringen, ihre Importe spürbar zu drosseln. „Wir können es nicht zulassen, dass der weltweit führende Sponsor des Terrorismus die gefährlichsten Waffen des Planeten besitzt.“Man dürfe nicht zulassen, dass ein Regime, das ‚Tod für Amerika‘ rufe und Israel mit der Vernichtung drohe, die Mittel besitze, um fast jede Stadt auf Erden mit einem nuklearen Sprengkopf zu treffen.
Im Gegenzug rechnet Irans Präsident Ruhani in New York mit der USRegierung ab. „Dem Multilateralismus entgegentreten ist kein Zeichen der Stärke, sondern ein Symbol der Schwäche des Intellekts.“Doch lädt Ruhani Trump auch wieder an den Verhandlungstisch ein.