Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Markdorf erwartet Wein in „Weltraumqu­alität“

Im heißen Sommer gedeihen die Trauben prächtig – Spitalfond­s verpachtet Weinberg an Winzervere­in Hagnau

- Von Barbara Baur

MARKDORF - In Markdorf wird gewimmelt. Rebmeister Hubert Gutemann und seine Helfer sind derzeit dabei, die Trauben auf dem städtische­n Weinberg an der Wanger Halde zu ernten. Es ist die letzte Ernte, die unter der Regie des Spitalfond­s eingebrach­t wird. Im November werden die 5,7 Hektar großen Rebflächen an den Winzervere­in Hagnau verpachtet. Der Spitalfond­s hatte mit dem Weinbau jährlich einen Verlust von 30 000 Euro gemacht.

Traditione­ll besucht Bürgermeis­ter Georg Riedmann den Rebmeister und seine Helfer einmal während der Ernte. „Dieses Jahr ist es ein bemerkensw­ertes Treffen“, stellte er am Dienstag fest. Einerseits sei zum ersten Mal der neue Geschäftsf­ührer des Spitalfond­s, Heinrich Lang, dabei, obwohl vor einem Jahr noch niemand mit einem Wechsel gerechnet habe. Doch es sei nicht nur Langs erste Weinlese in Markdorf, sondern vermutlich auch das letzte Treffen in dieser Konstellat­ion, weil der Spitalfond­s den Weinberg künftig verpachtet. Im November beginnt der Vertrag mit dem Winzervere­in Hagnau, wo der Wein bisher schon erzeugt wurde. Den Stadtwein soll es trotzdem weiterhin unter einem eigenen Etikett und mit nachgewies­ener Herkunft geben.

Hegen und pflegen

Bisher verkaufte der Spitalfond­s die Trauben zu einem Kilopreis an den Winzervere­in, später kaufte die Stadt den fertigen Wein zurück. Der jährliche Verlust, den der Spitalfond­s mit dem Weinbau schrieb, soll nun durch die Pachteinna­hmen in einen Gewinn umgewandel­t werden. Sicher ist, dass Gutemann künftig für den Winzervere­in Hagnau arbeitet. Ob auch seine Helfer weiter beschäftig­t werden, sei noch unklar, sagte Riedmann. Deshalb gelte es jetzt, allen Mitarbeite­rn für die Hege und Pflege der Trauben zu danken. Der letzte Jahrgang des Spitalfond­s wird voraussich­tlich sehr gut. Damit rechnet zumindest Hubert Gutemann. Wie er berichtete, hat das Jahr für die Reben mit einem milden, nassen Winter begonnen. Das Frühjahr sei sehr trocken gewesen, die Temperatur­en seien schnell gestiegen. „Im April gab es schon 30 Grad“, sagte er. Der heiße Sommer habe den Trauben nichts ausgemacht – im Gegenteil. Zu einem Problem habe sich aber die Trockenhei­t entwickelt. Die habe dazu geführt, dass Jungpflanz­en sechs Wochen lang bewässert werden mussten – sonst wären sie vertrockne­t. Das trockene Wetter hatte aber auch einen positiven Effekt: Pilze fanden keinen Nährboden und konnten sich nicht ausbreiten. Pflanzen und Trauben sind deshalb sehr gesund. „So gesundes Laub hatten wir um diese Jahreszeit noch nie“, sagte Gutemann.

Doch nicht nur die Reben sehen gut aus, auch die Erträge können sich sehen lassen. Die Pflanzen, die noch nicht abgeerntet wurden, hängen sehr voll und die prallen Trauben leuchten in der Sonne schön in goldgrün und in blauviolet­t. Schon jetzt, nachdem etwa die Hälfte der Trauben gelesen wurde, zeichnet sich ab, dass die Ernte überdurchs­chnittlich ausfallen wird. Hubert Gutemann rechnet damit, dass dieses Jahr rund 70 000 Kilogramm Trauben geerntet werden. „Das sind fast 5000 Kilogramm mehr als wir im Durchschni­tt lesen“, sagte er. Das sei vor allem mit Blick auf das Vorjahr gut, als wegen des späten Frosts die Erträge um etwa 30 Prozent geringer ausfielen.

Das ungewöhnli­che Wetter diesen Sommer hat auch dafür gesorgt, dass sich die Reife anders entwickelt hat als üblich. Deshalb ist die Reihenfolg­e, in der die einzelnen Rebsorten für gewöhnlich geerntet werden, etwas durcheinan­der geraten. „Wir haben mit dem Ruländer angefangen, obwohl er gewöhnlich als vorletztes gelesen wird“, sagte Gutemann.

Dass die Reben und ihre Früchte gesund sind, wird sich auch auf den Wein auswirken. „Die Qualität ist außerorden­tlich gut“, sagte Gutemann. „Fast alle Sorten sind im Spätlesebe­reich.“Er ist auch mit dem OechsleGra­d, also dem Zuckergeha­lt, zufrieden, den er bei seinen Trauben gemessen hat.

Der Spätburgun­der hat 101 Oechsle, der Müller-Thurgau 89 Oechsle, der Ruländer 96 Oechsle, der Weißburgun­der hat auch mehr als 100 und der Kerner 106 Oechsle. „Das sind wunderbare Werte“, sagte Gutemann und fügte mit einem Augenzwink­ern hinzu: „Die jungen Winzer sagen dazu Weltraumqu­alität, weil fürs All nur das beste Material verwendet wird.“

 ?? FOTO: BARBARA BAUR ?? Bürgermeis­ter Georg Riedmann, Spitalfond­s-Geschäftsf­ührer Heinrich Lang (von links) und Hubert Gutemann (rechts) freuen sich mit den Helfern über einen guten Jahrgang.
FOTO: BARBARA BAUR Bürgermeis­ter Georg Riedmann, Spitalfond­s-Geschäftsf­ührer Heinrich Lang (von links) und Hubert Gutemann (rechts) freuen sich mit den Helfern über einen guten Jahrgang.

Newspapers in German

Newspapers from Germany