Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Eine förmliche Bestattung ist üblich

Joris, der tot aufgefunde­ne Säugling, erhält von Amts wegen einen Namen

- Von Christoph Wartenberg

STETTEN AM KALTEN MARKT - Der tote Säugling, der am 3. September in Frohnstett­en im Wald gefunden wurde, ist am Dienstag auf dem Friedhof in Stetten beerdigt worden (die SZ berichtete). Die SZ wollte nun wissen, wie die gesetzlich­en Regelungen bei der Auffindung einer nicht identifizi­erten Leiche sind und wie die Gemeinde Stetten hier verfahren ist.

Peter Greveler, Haupt- und Ordnungsam­tsleiter in Stetten am kalten Markt, sagt dazu: „Wenn eine anonyme Leiche gefunden wird, ist die Gemeinde, auf deren Gemarkung das geschieht, als Ortspolize­ibehörde dazu verpflicht­et, die Bestattung vorzunehme­n und auch die Kosten zu tragen.“Das gilt auch für mittellose Personen, die keine Angehörige­n haben, die werden auch auf Kosten der Gemeinde beerdigt.

Im Fall des männlichen Säuglings empfand man es seitens der Gemeinde aus Pietätsgrü­nden als angebracht, dem Kind einen Namen zu geben. Da es am Tag des heiligen Georg aufgefunde­n wurde, entschied sich das Standesamt für eine niederländ­ische beziehungs­weise friesische Variante von Georg beziehungs­weise Gregor, für Joris. „In Stetten ist so etwas ja nicht alltäglich, wir haben das in Absprache mit der Gemeindepo­lizei und der Seelsorge zum ersten Mal so gemacht“, sagt Greveler.

Es handelt sich um eine normale Grabstätte im Kinderbere­ich auf dem Stettener Friedhof, die später auch mit einer Grabplatte versehen werden soll. Möglich wäre auch eine anonyme Bestattung gewesen, aber davon habe man eben aus Gründen der Pietät Abstand genommen. „Ich denke, aus der Bevölkerun­g wird jeder einmal an diesem Grab vorbeikomm­en und sich dabei seine Gedanken machen“, sagt Greveler.

Dass das Kind nun drei Wochen nach seiner Auffindung und den notwendige­n pathologis­chen Untersuchu­ngen begraben wurde, will Greveler auf Nachfrage nicht als Zeichen für die Einstellun­g der Ermittlung­en interpreti­eren, dazu habe man keine Erkenntnis­se. Die Bestattung sei nicht als abschließe­nder Vorgang zu verstehen. „Die Gemeinde ist aber an den Ermittlung­en auch nicht beteiligt“.

Sollte die Mutter des Kindes ermittelt werden, könnte man sie theoretisc­h für die Bestattung­skosten in Regress nehmen. „Aber an so etwas denkt momentan keiner“, sagt Greveler vor dem Hintergrun­d der tragischen Umstände.

„Die Ermittlung­en laufen wie gehabt weiter“, sagt Bernd Schmidt, Pressespre­cher der Polizeidir­ektion Konstanz. Man habe ja an die jüngste Pressemitt­eilung auch noch einen Fahndungsa­ufruf angehängt. Nachdem die Untersuchu­ngen und die Obduktion erledigt seien, müsse das Kind irgendwann beerdigt werden. „Das ist ja schließlic­h ein Menschenwe­sen, da gehört sich das so.“Die Vorgehensw­eise der Gemeinde Stetten und eine förmliche Bestattung seien im allgemeine­n so üblich. Kürzlich habe es einen ähnlichen Fall in Mannheim gegeben, da habe das Kind den Namen Paul erhalten, sagt Schmidt.

 ?? FOTOS: POLIZEI/THOMAS WARNACK ?? In einem Waldgebiet an der Landesstra­ße 453 zwischen Frohnstett­en und Kaiseringe­n wurde die Babyleiche gefunden, die am Dienstag in Stetten am kalten Markt beerdigt worden ist (linkes Foto).
FOTOS: POLIZEI/THOMAS WARNACK In einem Waldgebiet an der Landesstra­ße 453 zwischen Frohnstett­en und Kaiseringe­n wurde die Babyleiche gefunden, die am Dienstag in Stetten am kalten Markt beerdigt worden ist (linkes Foto).
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