Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Eine förmliche Bestattung ist üblich
Joris, der tot aufgefundene Säugling, erhält von Amts wegen einen Namen
STETTEN AM KALTEN MARKT - Der tote Säugling, der am 3. September in Frohnstetten im Wald gefunden wurde, ist am Dienstag auf dem Friedhof in Stetten beerdigt worden (die SZ berichtete). Die SZ wollte nun wissen, wie die gesetzlichen Regelungen bei der Auffindung einer nicht identifizierten Leiche sind und wie die Gemeinde Stetten hier verfahren ist.
Peter Greveler, Haupt- und Ordnungsamtsleiter in Stetten am kalten Markt, sagt dazu: „Wenn eine anonyme Leiche gefunden wird, ist die Gemeinde, auf deren Gemarkung das geschieht, als Ortspolizeibehörde dazu verpflichtet, die Bestattung vorzunehmen und auch die Kosten zu tragen.“Das gilt auch für mittellose Personen, die keine Angehörigen haben, die werden auch auf Kosten der Gemeinde beerdigt.
Im Fall des männlichen Säuglings empfand man es seitens der Gemeinde aus Pietätsgründen als angebracht, dem Kind einen Namen zu geben. Da es am Tag des heiligen Georg aufgefunden wurde, entschied sich das Standesamt für eine niederländische beziehungsweise friesische Variante von Georg beziehungsweise Gregor, für Joris. „In Stetten ist so etwas ja nicht alltäglich, wir haben das in Absprache mit der Gemeindepolizei und der Seelsorge zum ersten Mal so gemacht“, sagt Greveler.
Es handelt sich um eine normale Grabstätte im Kinderbereich auf dem Stettener Friedhof, die später auch mit einer Grabplatte versehen werden soll. Möglich wäre auch eine anonyme Bestattung gewesen, aber davon habe man eben aus Gründen der Pietät Abstand genommen. „Ich denke, aus der Bevölkerung wird jeder einmal an diesem Grab vorbeikommen und sich dabei seine Gedanken machen“, sagt Greveler.
Dass das Kind nun drei Wochen nach seiner Auffindung und den notwendigen pathologischen Untersuchungen begraben wurde, will Greveler auf Nachfrage nicht als Zeichen für die Einstellung der Ermittlungen interpretieren, dazu habe man keine Erkenntnisse. Die Bestattung sei nicht als abschließender Vorgang zu verstehen. „Die Gemeinde ist aber an den Ermittlungen auch nicht beteiligt“.
Sollte die Mutter des Kindes ermittelt werden, könnte man sie theoretisch für die Bestattungskosten in Regress nehmen. „Aber an so etwas denkt momentan keiner“, sagt Greveler vor dem Hintergrund der tragischen Umstände.
„Die Ermittlungen laufen wie gehabt weiter“, sagt Bernd Schmidt, Pressesprecher der Polizeidirektion Konstanz. Man habe ja an die jüngste Pressemitteilung auch noch einen Fahndungsaufruf angehängt. Nachdem die Untersuchungen und die Obduktion erledigt seien, müsse das Kind irgendwann beerdigt werden. „Das ist ja schließlich ein Menschenwesen, da gehört sich das so.“Die Vorgehensweise der Gemeinde Stetten und eine förmliche Bestattung seien im allgemeinen so üblich. Kürzlich habe es einen ähnlichen Fall in Mannheim gegeben, da habe das Kind den Namen Paul erhalten, sagt Schmidt.