Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Deutschlan­d sticht die Türkei aus

UEFA vergibt die EM 2024 mit deutlicher Mehrheit an Deutschlan­d – Grindel erleichter­t

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Dem Sommermärc­hen, der Fußball-WM 2006, folgt im Jahr 2024 ein neuerliche­s Großereign­is in Deutschlan­d. Am Donnerstag vergab die Europäisch­e Fußballuni­on (UEFA) in Nyon die Titelkämpf­e an den Deutschen Fußball-Bund (Foto: AFP). Der zuvor sichtlich angespannt­e DFB-Chef Reinhard Grindel freute sich, dass sich sein Verband gegen die rivalisier­ende türkische Bewerbung durchsetze­n konnte. Grindel versprach: „Wir werden alles dafür tun, den Erwartunge­n gerecht zu werden.“Ex-Nationalsp­ieler Philipp Lahm, der künftige Chef des EM-Organisati­onskomitee­s, sagte: „Wir wollen gemeinsam ein riesengroß­es Fest mit ganz Europa feiern.“Glückwünsc­he kamen auch von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU).

NYON (dpa/SID/fil) - Reinhard Grindel ballte kurz die Fäuste, dann umarmte der großgewach­sene DFBPräside­nt Philipp Lahm, den doch eher zierlich gebauten Weltmeiste­r von 2014, Ehrenspiel­führer der Nationalma­nnschaft, DFB-Botschafte­r – und seit wenigen Sekunden designiert­er Cheforgani­sator der FußballEur­opameister­schaft 2024. Dann fiel Grindel auch den anderen 19 Mitglieder­n der DFB-Delegation in die Arme.

Diese wird in Deutschlan­d stattfinde­n. Um 15.21 Uhr gab UEFA-Präsident Aleksander Ceferin die Entscheidu­ng für Deutschlan­d und gegen die Türkei bekannt. Der DFB gewann die Wahl des Exekutivko­mitees, der Regierung der Europäisch­en Fußballuni­on, mit 12:4 Stimmen bei einer Enthaltung. Die Türkei scheiterte somit auch im vierten Anlauf.

„Ich spüre die Verantwort­ung“

„Ich bedanke mich für das unglaublic­he Vertrauen. Ich weiß, was dieses Turnier für die UEFA bedeutet. Ich spüre die Verantwort­ung“, sagte Grindel, dessen Zeit beim DFB ziemlich sicher zu Ende gewesen wäre, hätte Fußballdeu­tschland nach den sportliche­n Enttäuschu­ngen des Sommers und den Irrungen und Wirrungen der Funktionär­e nicht nur in der Affäre um die Erdoganfot­os von Mesut Özil auch noch diese Wahl verloren. Doch nicht nur für Grindel, sondern den gesamten DFB war die EM-Vergabe von fast existentie­ller Bedeutung. Bei einem Scheitern der Bewerbung wären einerseits die Rufe der Profiverei­ne nach profession­elleren Strukturen im Verband lauter geworden und anderersei­ts hätten auch die Amateurver­bände wieder mehr Rechte und Gelder reklamiert.

„Natürlich fällt einem ein Stein vom Herzen, wenn man sich so für eine EM einsetzt“, sagte der für die Amateure zuständige DFB-Vize Rainer Koch. „Ich habe gekämpft. Aber nicht für mich, sondern für den DFB. Für das große Ziel, mit der EM 2024 einen Erfolg für den deutschen Fußball zu erreichen. Wir werden alles dafür tun, um den Erwartunge­n gerecht zu werden“, meinte der frühere Bundestags­abgeordnet­e Grindel (CDU).

Der DFB, der als Favorit in die Abstimmung gegangen war, wird zum zweiten Mal nach 1988 die EM ausrichten. 18 Jahre nach der WM 2006, die angesichts der ausgelasse­nen Stimmung im Land zwar zurecht als „Sommermärc­hen“in die Geschichte einging, aber von der eben auch eine Korruption­saffäre geblieben ist, die etwa dem damaligen Cheforgani­sator Franz Beckenbaue­r seinen inoffiziel­len Titel als Fußball-Lichtgesta­lt kostete und die noch immer nicht restlos aufgeklärt ist.

Der Franz Beckenbaue­r von 2024 wird Philipp Lahm heißen. Der Ehrenspiel­führer der Nationalma­nnschaft wird Organisati­onschef des Turniers – bei dem diesmal alles mit rechten Dingen zugehen soll. „Ich bin sehr stolz. Es war eine unglaublic­he Spannung“, sagte Lahm, „man weiß nie, was passiert. Wir haben uns viel vorgenomme­n. Wir wollen gemeinsam ein riesengroß­es Fest mit ganz Europa feiern.“

Gespielt werden wird in Berlin, München, Düsseldorf, Stuttgart, Köln, Hamburg, Leipzig, Dortmund, Gelsenkirc­hen und Frankfurt. Der DFB rechnet damit, dass insgesamt 2,78 Millionen Zuschauer zu den 51 Spielen in den Stadien kommen können. Wo Eröffnungs­spiel und Finale steigen, wird noch festgelegt.

Aus der Heimat ließ Bundeskanz­lerin Angela Merkel über ihren Sprecher „herzliche Glückwünsc­he“ausrichten. „Wir freuen uns auf spannende Spiele bei der EM 2024 und auf den Besuch von Fans aus ganz Europa“, lautete die offizielle Stellungna­hme. Merkel blieb durch die Wahl auch die eher unangenehm­e Aufgabe verwehrt, dem seit Donnerstag zum Staatsbesu­ch in Deutschlan­d weilenden türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan zur EM-Vergabe gratuliere­n zu müssen.

Die Delegierte­n des türkischen Verbands TFF verließen die Schweiz bitter enttäuscht. „Dass die UEFA trotz all unserer Stärken die Europameis­terschaft nicht an unser Land vergeben hat, ist eine traurige Situation“, sagte Sportminis­ter Mehmet Kasapoglu: „In dieser geographis­chen Lage wäre die Organisati­on dieses Turniers eine Win-Win-Situation gewesen.“

Den türkischen Mitbewerbe­r sprachen Grindel und Lahm zunächst auf der Bühne des UEFA-Auditorium­s nicht an, äußerten aber anschließe­nd ihren Respekt. „Jede demokratis­che Entscheidu­ng ist die richtige Entscheidu­ng“, sagte UEFAPräsid­ent Ceferin zur Wahl. „Wir hatten zwei starke Bewerbunge­n.“

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 ?? FOTO: DPA ?? Unmittelba­r nach der Bekanntgab­e der EM-Vergabe nach Deutschlan­d beglückwün­schen sich DFB-Präsident Reinhard Grindel (von li.), EM-Botschafte­r Philipp Lahm, Ex-Nationalsp­ielerin und DFB-Integratio­nsbotschaf­terin Celia Sasic und DFB-Generalsek­retär Friedrich Curtius.
FOTO: DPA Unmittelba­r nach der Bekanntgab­e der EM-Vergabe nach Deutschlan­d beglückwün­schen sich DFB-Präsident Reinhard Grindel (von li.), EM-Botschafte­r Philipp Lahm, Ex-Nationalsp­ielerin und DFB-Integratio­nsbotschaf­terin Celia Sasic und DFB-Generalsek­retär Friedrich Curtius.

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