Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Vollversorgung ist weder angemessen noch zeitgemäß“
Reiner Holznagel vom Steuerzahlerbund fordert grundlegende Reform von Entourage und Ehrensold
BERLIN - Nach der Kritik an der Ausstattung der Ex-Bundespräsidenten hat der Bundesrechnungshof nun auch die Versorgungsregelung für frühere Bundeskanzler ins Visier genommen. Die zeitlich nicht befristete Bereitstellung „mehrerer Chefkraftfahrer“, Büros und Mitarbeiter sei grundsätzlich zu hinterfragen, heißt es in einem 40 Seiten langen Bericht. Andreas Herholz befragte dazu Reiner Holznagel (Foto: dpa), den Präsidenten des Bundes der Steuerzahler.
Herr Holznagel, der Bundesrechnungshof rügt die Altersbezüge früherer Bundeskanzler und kritisiert konkret bei Gerhard Schröder die Nutzung von Büro und Personal für die Erzielung zusätzlicher Einkünfte. Ist diese Vollversorgung noch zeitgemäß und angemessen?
Ganz klares Nein. Eine angemessene Versorgung mit Pension und Geschäftsausstattung ist in Ordnung – aber bitte mit Augenmaß. Wenn zusätzliche Einkünfte erzielt werden, muss es klare Anrechnungsvorschriften bei der Pension geben. Die gewährten Leistungen für Büro, Personal und Dienstwagen sind noch viel kritischer zu betrachten: Der Bundestag zahlt diese Leistungen freiwillig – einen Rechtsanspruch darauf haben Ex-Kanzler nicht. Auch deshalb müssen alle Ausgaben genau kontrolliert werden, denn es ist nicht einzusehen, dass die Steuerzahler auch private wirtschaftliche Tätigkeiten subventionieren. In diesem Sinne darf auch nicht die Entourage samt Dienstwagenflotte immer größer werden, sondern kleiner. Darauf müssen jetzt die Haushaltspolitiker drängen.
Zuletzt war auch der Ehrensold für Bundespräsidenten bemängelt worden. Gibt es auch bei der Versorgung früherer Staatsoberhäupter Handlungsbedarf ?
Für Altbundespräsidenten gilt dasselbe. Vor allem muss endlich eine Reform des Ehrensolds angepackt werden! Kein anderes öffentliches Amt in Deutschland genießt das Privileg, dass nach der aktiven Amtszeit das gleiche Salär gezahlt wird wie zuvor – ganz egal, wie lange das Amt ausgeführt wurde. Übrigens haben sich die Zeiten geändert: Mittlerweile engagieren sich Altbundespräsidenten auch in der privaten Wirtschaft. Das ist ihr gutes Recht, aber bitte nicht mit steuerfinanzierten Ruhegehältern.
Die Rechnungsprüfer fordern insgesamt strengere Vorschriften für Ex-Präsidenten und Ex-Kanzler. Wie sollte eine Reform konkret aussehen?
Auf strengere Vorschriften haben wir als Bund der Steuerzahler den Haushaltsausschuss schon im Jahr 2012 hingewiesen, der dann auch gehandelt hat. Damals wurden neue Maßstäbe für Büros und Personal gesetzt – ein kleiner Anfang, aber keine grundlegende Reform. Im Übrigen genießen auch Ex-Bundestagspräsidenten seit wenigen Jahren erweiterte Privilegien, die vom Bundestag kritisch hinterfragt werden müssen. Ich bin sehr froh, dass der Bundesrechnungshof jetzt unsere Bedenken teilt und ebenso Druck auf die Koalition ausübt.