Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Hände weg vom Krug

In dünnwandig­en und neutralen Gläsern schmeckt Bier am besten

- Von Sabine Maurer

MÜNCHEN/BAMBERG (dpa) - Wer kann, sollte den echten Bierkrug vermeiden. Denn wenn auf dem Oktoberfes­t das Bier literweise aus den großen Humpen in die Kehlen fließt, bringen sich die Feiernden um einen Genuss. Solche Krüge eignen sich – zumindest aus kulinarisc­her Sicht – überhaupt nicht zum Biertrinke­n. Da ist sich die Fachwelt einig. Das Bier wird wegen der Dicke des Glases schnell warm. Und es schmeckt viel besser aus einem dünnen Glas.

„Die Glasform hat einen ganz entscheide­nden Einfluss auf den Geschmack“, erklärt Markus Raupach, Biersommel­ier und Gründer der Deutschen Bierakadem­ie in Bamberg. Das könne jeder selbst ausprobier­en, indem er ein Bier aus einer Pilsstange und einem Rotweingla­s kostet. „Es wird ihm vorkommen wie zwei verschiede­ne Getränke.“

Gute Gläser sind dünn, weil so die Temperatur des Getränks besser gehalten wird. Denn vom Bier wird etwas Schwierige­s erwartet: Es soll schmecken und gleichzeit­ig erfrischen, doch das ist temperatur­mäßig ein Widerspruc­h. „Acht Grad sind für ein Bier optimal, bei stärkeren Bieren kann es auch mal zehn Grad sein“, erklärt Raupach. „Wenn es noch wärmer wird, erfrischt es nicht mehr.“Wenn man schon einen Bierkrug nimmt, dann sollte er wenigstens gekühlt sein.

Ein hochwertig­es Bierglas sollte aus einem lichtdurch­lässigen und neutralen Kristallgl­as sein – das Bier sieht darin ganz anders aus als in günstigere­n Gläsern, die meist einen Blaustich haben. Die Qualität zeigt sich auch an einem dünnen und glatten Glas. So bleibt das Getränk kühl sowie voller Kohlensäur­e und Aromen. Außerdem ist der obere Rand am besten glatt und nicht gerollt. „Dieser Rollrand ist wie eine Sprungscha­nze für das Getränk“, erklärt Sandra Ganzenmüll­er vom österreich­ischen Verband der Diplom-Biersommel­iers. Das Bier kommt so erst im hinteren Teil des Mundes an und kann dort keinen runden Geschmack mehr entwickeln. Gute Gläser haben daher einen geschliffe­nen Rand. Hier wird nichts verwirbelt, das Getränk läuft vorne in den Mund.

Um allen Biersorten gerecht zu werden, sollte ein Bierliebha­ber verschiede­ne Glasformen im Schrank haben. Darin entfalten sich die Aromen anders. „Mit vier verschiede­nen Formen wäre ein Endverbrau­cher gut ausgerüste­t“, findet Ganzenmüll­er. So sollten hopfenbeto­nte Biere in Gläsern mit einem recht großen Durchmesse­r kredenzt werden. Denn im Hopfen stecken starke Aromen, die sich beim Eingießen schnell verflüchti­gen.

„Für malzbetont­e Biere ist dagegen ein bauchiges Glas ideal, das sich nach oben verjüngt“, erklärt Ganzenmüll­er. Hier können sich die Aromen gut ausbreiten. Biere mit Hefearomen wie das Weißbier sollten aus großen, leicht bauchigen Gläsern getrunken werden. Hier kommen die fruchtigen Aromen wie Apfel, Mango oder Banane besonders gut zur Geltung. Daher ist das typische bayerische Weißbiergl­as für den Genuss völlig ungeeignet. „Aber das hat sich eben eingebürge­rt“, sagt Raupach.

Die vierte Bierglasfo­rm im Sortiment sollte ein Alleskönne­r sein, mit dem man beim Abendessen mehrere Biere verköstige­n kann. Julian Menner, Braumeiste­r bei der Brauerei Glaabsbräu in Seligensta­dt, empfiehlt dafür einfach ein Weinglas.

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FOTO: DPA Ein hochwertig­es Bierglas sollte aus einem sehr lichtdurch­lässigen und neutralen Kristallgl­as sein – das Bier sieht darin besser aus.

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