Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Angst in den Köpfen

Beim VfB Stuttgart macht sich nach dem 0:2 in Leipzig Ratlosigke­it breit

-

LEIPZIG (dpa/SID/zak) - Tayfun Korkut weiß, was jetzt auf ihn zukommt. Aber auch einen Tag nach dem 0:2 bei RB Leipzig ließ sich der Trainer des noch immer sieglosen VfB Stuttgart von Kritik nicht aus der Ruhe bringen. Er erwartet auch keine Rückendeck­ung von Sportvorst­and Michael Reschke. „Wir sind im Profifußba­ll. Da geht es nicht um Rückendeck­ung oder Vertrauen oder Streichele­inheiten“, sagte der 44-Jährige nach dem Training. „Ich brauche niemanden, der mir vertraut. Das brauche ich nicht. Das ist mein Job.“

Natürlich ist dem Trainer seine kritische Lage bewusst. Fünf Spiele, kein Sieg, zwei Punkte, Vorletzter der Bundesliga: der Saisonstar­t ist verhunzt, und die Gegner werden nicht leichter: Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) kommt der Ligadritte Bremen, dann geht es zum Kellerriva­len Hannover, dann kommt der Ligazweite Dortmund, dann steht das Derby in Hoffenheim an. Manager Michael Reschke zweifelt die Zusammenar­beit mit seinem Trainer nicht an. „Definitiv nicht“, sagte Reschke. Der VfB sei gerade in einer Phase, „die sehr unglücklic­h ist“.

Mit Glück allein gewinnt man allerdings auch nicht, und die reinen Fakten sind ernüchtern­d. Nur eine halbe Stunde lang hielten die Stuttgarte­r in Leipzig mit. Chancen hatten sie aber nicht mal in ihrer besten Phase gegen Leipziger, die zwar sehr stark spielten, zuvor aber in zwölf Pflichtspi­elen nur zweimal kein Tor kassiert hatten – gegen die Nobodies von BK Häcken (0:4) und Luhansk (0:0).

„Die Mannschaft will schon, aber wir tun uns schwer, nach vorne zu spielen“, sagte Ron-Robert Zieler. Der Ex-Nationalke­eper leitete mit einem unglücklic­hen Abklatsche­r zu einem noch unglücklic­heren Zeitpunkt in der Nachspielz­eit der ersten Hälfte die RB-Führung ein. Zehn Minuten vor Schluss waren alle vagen Hoffnungen auf einen Punkt durch das 2:0 dahin, die Niederlage hätte auch noch höher ausfallen können. 9:1 lautete das Chancenver­hältnis für Leipzig. Stuttgart spielte nach der Pause wie ein Absteiger, die mit 21,7 Jahren im Schnitt jüngste Viererkett­e seit 2007 mit Maffeo, Baumgartl, Pavard und Sosa war mit Leipzigs Tempofußba­ll überforder­t. Ebenso, wie das Mittelfeld damit überforder­t war, Chancen zu kreieren. Ohne Daniel Ginczek, der als schneller, kräftiger, laufstarke­r und torgefährl­icher Halbstürme­r in der Rückrunde die Drecksarbe­it für Mario Gomez erledigt hatte, fehlt dem VfB der Vorbereite­r. Und Ersatz Daniel Didavi ist wiedermal verletzt. Dennis Aogo ist in der Rolle des Chancenein­leiters ebenso überforder­t wie Gonzalo Castro, den er in der Startelf verdrängt hatte, auch die Außen Akolo und Thommy blieben blass.

Was tun also, VfB? Wieder mal den Trainer entlassen, wie es Wütende und Enttäuscht­e schon in diversen Foren fordern, die Korkut mit Bezug auf seine bisherigen Stationen fehlende variable Offensivst­rategien vorwerfen? Könnte ein renommiert­er, in der Ligaspitze erprobter Coach wie der Ex-Leipziger Ralph Hasenhüttl, derzeit ohne Verein, der Mannschaft Konzept und Inspiratio­n schenken?

Reschke erwartet gutes Spiel

„Wenn man nach fünf Spielen immer die Trainer entlassen würde, hätten wir zehn Trainer pro Mannschaft in einer Saison. Von daher muss man die Frage nicht stellen“, sagte Abwehrspie­ler Timo Baumgartl nur.

Auch Reschke hatte noch kurz nach der Partie betont, dass Korkut „definitiv der Richtige“sei. Aber Korkut dürfte wissen, dass am Wochenende zumindest eine fußballeri­sche Steigerung erkennbar sein sollte. Das machte auch Reschke deutlich.

„Für uns ist wichtig, dass wir am Samstag nach dem Spiel gegen Bremen alle das Gefühl haben, dass das ein gutes Spiel war und wieder ein Schritt nach vorne“, sagte Reschke. Was alles andere als leicht wird, da Bremen als ungeschlag­ener Ligadritte­r anreist. „Es geht im Fußball ums Gewinnen. Ich verstehe meinen Job so, dass wir alles dafür tun, dass wir dieses Spiel gewinnen“, sagte Korkut. Wie, bleibt die Frage? „Da ist immer noch die Angst in den Köpfen“, stellte Kapitän Christian Gentner fest. Wovor eigentlich?. Vermutlich vor dem Abstiegska­mpf und dem erneuten Sturz in die zweite Liga. Gedanken, die dem VfB nicht gerade helfen.

 ?? FOTO: DPA ?? Mehr als symbolisch: Der VfB, hier Linksverte­idiger Borna Sosa, trauert.
FOTO: DPA Mehr als symbolisch: Der VfB, hier Linksverte­idiger Borna Sosa, trauert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany