Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Menschenrechte sind kein Selbstläufer“
Grünen-Abgeordnete warnt bei Kundgebung vor Folgen des Rechtsrucks für Europa
SIGMARINGEN - Knapp 100 Bürger sind am Samstag dem Aufruf der grünen Landtagsabgeordneten Andrea Bogner-Unden zu einer Kundgebung für Menschenrechte, Demokratie und Europa auf dem Marktplatz gefolgt.
Als Redner traten Andrea Bogner-Unden, Rudolf Christian, Jutta Wolf, Noori Mato und Klaus Harter auf. Sie alle verbindet die Sorge um den Erhalt der Demokratie und um den Verlust der Wertigkeit der Menschenrechte. Mit Nachdruck forderten die Redner die Bürger auf, sich aktiv in die Demokratie einzubringen.
„Menschenrechte, Demokratie und Europa sind keine Selbstläufer, sondern sie erfordern aktive politische Gestaltung und damit die Hilfe und das Engagement von Ihnen allen“, mahnte eingangs die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden.
Angesichts der Vorkommnisse in Chemnitz sowie des Einzugs der AfD in Landtage und den Bundestag mithilfe von „menschenfeindlichen und europafeindlichen Parolen“, zu einem Zeitpunkt von „rechtsradikalen und antieuropäischen Regierungsbeteiligungen“sei es aus ihrer Sicht dringend notwendig, die Menschenrechte und die Demokratie in Deutschland und Europa zu verteidigen.
Dass Menschen beispielweise in Burladingen schon Angst vor Anfeindungen ANZEIGE und Schmierereien haben, wenn sie Räume an Demokraten vermieten würden, macht der grünen Abgeordneten große Sorgen. Die Abgeordnete forderte die Menschen zum Dialog auf, der vor Ort am besten gelinge.
DGB-Kreisvorsitzender Rudolf Christian erklärte, es sei notwendig, gemeinsam und parteiübergreifend aufzustehen, um zu zeigen, dass es Menschen gebe, die für ein friedvolles und einiges Europa stehen. „Menschen jagt man nicht“, mahnte der Gewerkschaftler deutlich hinsichtlich der Wortwahl der AfD, man müsse im Bundestag „die Merkel jagen“. Er forderte eine „lebendige, uneingeschränkte Demokratie“ein und Polen und Ungarn als mahnende Beispiele an: „Dort wird Demokratie nicht mehr gelebt, sondern vorgeschrieben“, so Christian.
„Ich schätze es sehr, dass in Deutschland die Herkunft und die Religion keine Rolle spielen, sondern die Humanität im Vordergrund steht“, erklärte Noori Mato in seiner Rede. Er sprach stellvertretend für die nach Sigmaringen gekommenen Flüchtlinge. Er dankte für die Unterstützung und das verbundene Mitgefühl, dass ihm und anderen Geflüchteten entgegengebracht wurde.
Jutta Wolf vom Asylnetz Sigmaringen erklärte, sie selbst habe als Kind am 9. November 1989 noch nicht verstanden, dass mit dem Mauerfall etwas ganz Großes passiert war. Heute jedoch sorge sie sich darum, dass ein ähnlich geschichtsträchtiges Ereignis das Leben nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa zum Schlechteren verändern könne. „Durch Europa geht ein Rechtsruck, völkisch-nationalistisches Denken ist wieder salonfähig“, gab sie zu bedenken. „Es liegt an uns allen, wie das hier ausgehen wird“, folgerte Wolf abschließend.
Klaus Harter, Vorsitzender des Grünen-Kreisverbandes Sigmaringen erinnerte die Teilnehmer an die Worte des Alt-Bundespräsidenten Joachim Gauck, der sagte, dass es Freiheit nur mit Verantwortung gebe. Und für eben diese Freieit müsse man auch in Zukunft einstehen.