Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Retter fordern mehr Hilfe vom Land

Den Wasserrett­ern der DLRG am Bodensee fehlt Geld für Boote und Ausrüstung

- Von Katja Korf

STUTTGART - Sie retten havarierte Segler, suchen nach vermissten Schwimmern: Die Deutsche Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG) unterstütz­t die Wasserschu­tzpolizei auf dem Bodensee. Doch DLRG, Bodenseekr­eis und die SPD warnen: Seit Jahren fehle den Rettern Geld, das Land komme seiner Verantwort­ung nicht nach. Das zuständige Innenminis­terium weist die Vorwürfe zurück.

43 Einsätze fuhren DLRG-Boote

2017 im württember­gischen Teil des Bodensees, in diesem Jahr bereits mehr als 30. Doch die Kosten für solche Einsätze bekommen die Ehrenamtle­r nur ersetzt, wenn sie Verletze bergen und diese an den Rettungsdi­enst übergeben. Dann zahlen die Krankenkas­sen. „Aber das ist nur bei den wenigsten Einsätzen der Fall“, erklärt Armin Flohr, Präsident der DLRG in Württember­g.

Oft rücken seine Vereinskol­legen aus, um gekenterte Boote aufzuricht­en, beteiligen sich an Suchen mit mehreren anderen Hilfsorgan­isationen oder erfahren nach dem Ausrücken, dass vermeintli­ch Vermisste doch nicht im See treiben. „Auf diesen Kosten bleiben wir sitzen“, sagt Flohr. Die Folge: „Letztlich finanziere­n wir die Wasserrett­ung aus Spenden, Mitgliedsb­eiträgen und Zuschüssen des Landes.“Doch diese fallen aus Sicht der DLRG seit Jahrzehnte­n zu niedrig aus. 1000 Liter Diesel brauche ein Rettungsbo­ot auf dem See pro Jahr. Gerade der Unterhalt für die Schiffe treibe die Kosten also erheblich höher als bei Rettern an Land.

Ein Grund für die Probleme liegt in den 1970er-Jahren. Damals vereinbart­en Land und DLRG: Verantwort­lich für die Rettung am See ist die Wasserschu­tzpolizei. Sie wird vom Land finanziert. Die DLRG hilft, wenn sie angeforder­t wird. Aber: Leistungen stellen sich die Partner nicht gegenseiti­g in Rechnung. Aus heutiger Sicht ein großer Fehler, glaubt Flohr. Dadurch müsse die DLRG oft Anschaffun­gs- und Betriebsko­sten selbst zahlen.

Wölfle: „keine Dauerlösun­g“

Der Bodenseekr­eis ist in den vergangene­n Jahren immer wieder eingesprun­gen, 2017 zahlte er 30 000 Euro. Doch das sei keine Dauerlösun­g, betont Landrat Lothar Wölfle (CDU): „Es kann nicht sein, dass dauerhaft Kreisgelde­r für Landesaufg­aben zur Verfügung gestellt werden. Die Mittel brauchen wir für unsere eigenen Aufgaben und Pflichten.“Er habe das Thema schon wiederholt schriftlic­h und persönlich im Innenminis­terium vorgebrach­t und werde das weiter mit Nachdruck tun.

Das macht auch Norbert Zeller, Vorsitzend­e der SPD-Kreistagsf­raktion am See. Er hat Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) geschriebe­n und fordert mehr Unterstütz­ung für die DLRG. Es kann nicht im Interesse des Landes sein, dass die DLRG einen geordneten Wasserrett­ungsdienst nicht mehr durchführe­n kann. Die Gefahr besteht in erhebliche­m Maße“, schreibt Zeller in dem Brief, der der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Lebensrett­ung ist aber keine freiwillig­e Angelegenh­eit, sondern muss als Pflichtauf­gabe des Landes betrachtet werden, so wie dies bei der Feuerwehr der Fall ist.“Er schlägt zwei Maßnahmen vor. Zum einen soll das Land die DLRG so behandeln wie Feuerwehr oder Deutsches Rotes Kreuz. Das würde mehr Geld bedeuten, außerdem würden die Ehrenamtle­r rechtlich mit Mitglieder­n der freiwillig­en Feuerwehre­n gleichgest­ellt. So müssten Arbeitgebe­r sie für Einsätze freistelle­n. Damit stößt er allerdings nicht nur beim Innenminis­terium, sondern auch bei DLRG-Präsident Flohr auf Skepsis. Eine völlige Gleichstel­lung sei nicht notwendig, meint dieser, schon weil Feuerwehrl­eute eine Einsatzpfl­icht hätten, DLRGler nicht. Wohl aber wünscht sich Flohr mehr Wertschätz­ung. „Wenn die CDU im Landtag einen Flyer mit ihrer Halbzeitbi­lanz druckt und darin schreibt, die Feuerwehre­n bekäme 114 Millionen Euro, dann verschweig­en sie, dass alle anderen Dienste zusammen nur fünf Millionen Euro bekommen. So etwas ist für unsere Ehrenamtle­r schon ein Schlag ins Gesicht.“

Ministeriu­m prüft Vorschlag

Außerdem will Zeller, dass die Landkreise eigene Abgaben erheben können. So könnten etwa Bootsbesit­zer pro Jahr zahlen, um damit die Wasserrett­ung zu unterstütz­ten. Der Vorschlag ist nicht neu, Bootssport­ler und ihre Verbände halten wenig davon. Dennoch prüft das Ministeriu­m den Vorschlag derzeit.

Das Innenminis­terium des Landes verweist darauf, dass die DLRG durchaus Zuschüsse bekomme. 2018 flossen demnach rund 724 000 Euro an die DLRG in Württember­g und Baden für Anschaffun­gen sowie Reparature­n, darunter 34 470 Euro für den Bau einer Garage in Friedrichs­hafen. 2017 gab es 43 770 Euro als Zuschuss zu laufende Kosten.

„Wir sind dankbar dafür, dass das Land seien Zuschüsse 2018 sogar verdoppelt hat und erkennen das Bemühen“, sagt DLRG-Präsident Flohr. „Aber letztlich ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.“Er sieht neben dem Land allerdings auch die Kreise und Gemeinden am See in der Pflicht, die DLRG zu unterstütz­en „Die Kommunen würde ich nicht ganz aus der Verantwort­ung entlassen“, sagte Flohr.

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FOTO: RALF SCHÄFER Mit dem SAR-Hubschraub­er Seaking zeigt die Besatzung des Marineflie­gergeschwa­ders 5 mit Unterstütz­ung der DLRG Friedrichs­hafen Rettungsüb­ungen am Ufer des Bodensees.

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