Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Merkels Gratwanderung in Israel
Kanzlerin zeigt Verständnis in Sachen Iran – Weiter Differenzen beim Atomabkommen
JERUSALEM (dpa/AFP) - Ungeachtet anhaltender Differenzen über das iranische Atomprogramm und die Zukunft der Palästinenser wollen Deutschland und Israel ihre Zusammenarbeit vertiefen. Es müsse alles getan werden, um Iran an einer nuklearen Bewaffnung zu hindern, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in Jerusalem nach einem Treffen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu: „Wo wir nicht immer einig sind, ist der Weg zu diesem Ziel.“
Netanjahu kritisierte, das 2015 geschlossene Atomabkommen spüle Milliarden Dollar in die Hände der Regierung in Teheran, die den islamistischen Terrorismus fördere. Der Iran nutze außerdem Syrien für Angriffe auf sein Land. Mehrfach hatte er Merkel einen zu sanften Kurs gegenüber Teheran vorgeworfen. Am Donnerstag betonte Merkel, dass sie sehe, unter welchem Druck Israel stehe und zeigte sich verständnisvoll. Jedoch ließ die Kanzlerin nicht erkennen, dass sie ihre Haltung geändert hätte: Deutschland und andere EU-Staaten wollen das Abkommen mit Iran – im Gegensatz zu den USA – retten. Israels Präsident Reuven Rivlin forderte bei seinem Treffen mit Merkel, Deutschland müsse sich hierbei an die Seite Israels stellen: „Das iranische Monster muss ausgehungert, nicht gefüttert werden.“
Ein weiterer Streitpunkt ist der Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland. Merkel sagte, sie habe in ihrem Gespräch mit Netanjahu ihre „Sorge“über die Siedlungspolitik zum Ausdruck gebracht. Damit erschwere Israel auch die Bemühungen um eine Zweistaatenlösung im Konflikt mit den Palästinensern.
Die Kanzlerin bekannte sich deutlich zur deutschen Verantwortung für eine sichere Zukunft Israels. Sie stehe dafür, dass die „immerwährende Verantwortung“Deutschlands für die Nazi-Verbrechen an den Juden weitergetragen werde, erklärte sie beim Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Auch werde man weiter gegen Antisemitismus kämpfen – sowohl bei Menschen, die seit Langem in Deutschland leben als auch bei arabischen Migranten.
Bei den Regierungskonsultationen wurde zudem eine Vertiefung der Zusammenarbeit in vielen Bereichen vereinbart, vor allem in Wirtschaft und Wissenschaft.
BERLIN (KNA) - Jüdische Organisationen haben die AfD als rassistisch und antisemitisch kritisiert. Seit geraumer Zeit versuche die Partei „mit ihrer vermeintlichen Verbundenheit mit dem Staat Israel und ihrer angeblichen Sorge um die Sicherheit der Jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zu punkten“, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben. Die AfD sei aber eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoah ein Zuhause hätten. Hintergrund für die Erklärung ist die geplante Gründung der Vereinigung „Juden in der AfD“am Sonntag. Zum Gründungstreffen sollen unter anderem die Bundesvorstandsmitglieder Beatrix von Storch und Joachim Kuhs kommen sowie der religionspolitische Sprecher der Partei im Bundestag, Volker Münz.
Zu den Unterzeichnern der Erklärung gehören unter anderen der Zentralrat der Juden in Deutschland, das Abraham Geiger Kolleg, die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland sowie der Bund traditioneller Juden.